"Delfin": Ärger um Sprachtest für Kinder
Im März geht’s in den Kitas los. Es gibt Kritik und viele offene Fragen.
Wuppertal. Zirka 3500 Wuppertaler Kinder werden 2009 eingeschult, doch für sie wird es schon im März ernst. Die in der Regel vierjährigen Kinder müssen sich einem verpflichtenden, spielerischen Sprachtest unterziehen. Mit dem neuen Schulgesetz will NRW als erstes Bundesland zwei Jahre vor der Einschulung ermitteln, bei welchen Kindern Förderbedarf besteht und diese gezielt in ihrer Entwicklung unterstützen.
Die ersten Eltern sind bereits informiert. Im März beginnt in den Kitas die erste Stufe des Sprachtests "Delfin". Konkrete Termine werden im Februar vereinbart. Experten schätzen, dass bei jedem fünften Kind Förderbedarf besteht. In einem zweiten Schritt werden die "herausgefilterten" Kinder im Mai an einer Grundschule nochmal getestet, um dann gezielt fördern zu können.
Dass die gezielte und vor allem frühe Sprachförderung eine sinnvolle Sache ist, darüber sind sich alle Beteiligten absolut einig, doch das Vorgehen wird von einigen Stellen kritisiert. Hauptkritikpunkt ist, dass die Erfahrungen, die die Kitas im Laufe der Jahre bereits mit der Sprachförderung gesammelt haben, nicht in "Delfin" einfließen. "Wir haben aktuell allein in den städtischen Einrichtungen 1000 Kinder, die in Kleingruppen sprachlich gefördert werden, hinzu kommen die freien Träger", sagt Sozialdezernent Stefan Kühn. Die Ergebnisse werden in den Kitas in speziellen Sprachentwicklungsbögen festgehalten - allerdings hat das keine Auswirkungen auf "Delfin". "Unsere Erfahrungen werden nicht integriert", kritisiert Kühn.
Auch die standardisierte Testsituation stößt auf wenig Gegenliebe: "Die Situation zwischen Erziehern und Kindern ist starr. Es ist fraglich, ob die Kinder da überhaupt den Mund aufmachen", sagt auch Sabine Hafener, Fachberaterin für die Einrichtungen der evangelischen Kirche. "Da müssen wir mit der Zeit kreative Lösungen finden", versucht Schulamtsdirektor Michael Reichert zu vermitteln.
Ein weiterer Kritikpunkt: Für die Umsetzung von Delfin gibt es kein zusätzliches Personal. Das bedeutet im Klartext: Wenn die Sprachkompetenz der Kindergartenkinder überprüft wird, fallen an anderer Stelle zwangsläufig Angebote flach. Auf den Punkt gebracht: Mehr zu testen bedeutet in diesem Fall, weniger zu fördern.
Das gleiche gilt für die zweite Stufe von "Delfin": Während die einen gefördert werden, fällt für andere an der Schule Förderunterricht aus, da das Angebot aus dem gleichen Kontingent bedient wird. Hinzu kommt: Wie genau die Förderung in der zweiten Stufe aussieht, die ab Mai beginnt, steht noch immer nicht fest - das System wird gerade erst entwickelt.
"Delfin" steht für Diagnostik, Elternarbeit, Förderung der Sprachkompetenz Vierjähriger in NRW.In der ersten Stufe wird in der Kita spielerisch mit vier Kindern,einer Erzieherin und einem Grundschullehrer der Förderbedarf ermittelt.Etwa mit der Zuordnung von Figuren, dem Nachsprechen von Unsinnwortenund Erzählstücken. Entwickelt wurde das Verfahren von derPädagogik-Professorin Lilian Fried.
Kinder, bei denen in der ersten Stufe Förderbedarf ermitteltwird, kommen zu Einzelgesprächen in die Grundschule. Die individuelleSprachförderung sollen Erzieher übernehmen.