Interview mit Polizeipräsidentin „Der Baustaub knirscht auch schon einmal in den Zähnen“
Wuppertals Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher spricht über die nahe und die fernere Zukunft ihrer Behörde.
Wuppertal. Vermutlich noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stand die Polizei so sehr im Mittelpunkt des Interesses wie in diesen Tagen. Krisenherde in aller Welt, die Flüchtlingsströme, die Übergriffe in der Silvesternacht 2015 und zuletzt das Attentat in Berlin verunsichern viele Menschen. Das ist auch in Wuppertal so. Auch im Bergischen Land gibt es im Zusammenhang mit der Polizei einiges zu besprechen. Im Interview mit der Westdeutschen Zeitung nimmt Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher Stellung zu Bau-, Umzugs- und Sanierungsfragen und zu einem Thema, dass noch nicht genügend im Fokus der Öffentlichkeit sei.
Können Sie sich an Zeiten erinnern, in denen mehr über die Polizei und deren Arbeit gesprochen worden wäre?
Radermacher: Nein, das kann ich nicht. Wir stehen derzeit schon sehr im Fokus der Öffentlichkeit, vor allem der Politik und der Medien. Dazu kommen Straftaten, deren politische Bewertung zu einer Einordnung in einen neuen Kontext führt.
Inwiefern?
Radermacher: Dadurch, dass Straftaten mit der Nationalität der Straftäter in Zusammenhang gebracht werden oder mit einer bestimmten Bevölkerungsgruppe.
Finden Sie das richtig?
Radermacher: Einerseits nein, weil ich nicht glaube, dass zur Bewertung einer Tat als Straftat mehr als unser Strafrecht herangezogen werden darf. Andererseits ja, wenn ich feststelle, dass bestimmte Straftaten immer vom gleichen Personenkreis begangen werden. Dann muss ich mich fragen - wieso? Wo liegen die Ursachen und kann ich diese bereits bekämpfen? Nach der verstärkten Präsenz auf Weihnachtsmärkten steht der Polizei mit Silvester schon die nächste Herausforderung bevor.
Was bedeutet das für Ihre Mitarbeiter?
Radermacher: Es werden mehr Polizisten unterwegs und in Rufbereitschaft sein. Außerdem sind anders als sonst üblich in dieser Nacht die Wachen Döppersberg und Alter Markt besetzt.
Apropos Döppersberg: Warum behalten Sie den neuen Standort für die Wache Döppersberg immer noch für sich?
Radermacher: Mein Vorschlag muss noch vom Ministerium genehmigt werden. Im Laufe des Januars werden wir mehr sagen können. Gerade die Wache Döppersberg ist ein Beispiel dafür, wie die Politik mit dem Thema „Polizei“ und „Sicherheit“ umgeht und den Fokus der Wuppertaler Öffentlichkeit darauf legt.
Was glauben Sie kommt im nächsten Jahr auf die Polizei zu?
Radermacher: Wir werden uns mehr mit dem Internet beschäftigen müssen. Damit meine ich nicht nur, dass wir jetzt auch auf Twitter zu finden sind.
Sondern?
Radermacher: Ich habe zuletzt mit einem Remscheider Unternehmer gesprochen. In dessen Firma wurden binnen eines Monats 5000 Angriffe aus dem Internet registriert. Cyber-Kriminalität ist auch bei uns ein Thema, das Fahrt aufnimmt. Da gilt es, die Bevölkerung zu sensibilisieren und die Polizei gut fortzubilden. Darüber hinaus werden uns die Landtagswahl im Mai sowie die Bundestagswahl im Herbst sicher beschäftigen.
Warum?
Radermacher: Wir rechnen damit, dass es zu Protesten gegen Infostände und Veranstaltungen bestimmter Parteien kommen wird. Da müssen wir wachsam sein, egal ob uns die Partei und deren politischen Ziele gefallen oder nicht.
Überhaupt stehen die nächsten Jahre der Polizei in Wuppertal im Zeichen von Umzügen.
Radermacher: Das ist jetzt auch schon so. Im Zuge der Sanierung des Präsidiums müssen viele ihre Büros wechseln.
Sie auch?
Radermacher: Ich auch. Die Einschränkungen sind für alle schwierig. Da knirscht schon einmal der Baustaub zwischen den Zähnen. Aber am Ende steht ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Einige Mitarbeiter konnten schon in renovierte Räume und sind mehr als zufrieden.
Wann sind die Arbeiten abgeschlossen?
Radermacher: Wir rechnen jetzt mit Mitte 2018. Dann sind 24 Millionen Euro verbaut.
Verglichen mit dem, was auf Lichtscheid und an der Parkstraße errichtet werden soll, ist das überschaubar.
Radermacher: Für die Parkstraße wird ein neuer Generalplan erstellt. Der ist notwendig geworden, als klar wurde, dass dort nicht genügend Platz für ein Regionales-Trainings-Zentrum ist.
Dieses RTZ soll ja nun auf Lichtscheid entstehen.
Radermacher: Möglicherweise am Buschland, wo die Sportanlagen der Polizei sind. Aber es gibt noch keinen Raumplan, also auch noch keine genaue Größe.
Im Zusammenhang mit dem RTZ war auch von Anti-Amoklauf-Übungen die Rede.
Radermacher: Das ist richtig. Wir sind gebeten worden, dem Land taugliche Immobilien zu nennen, in denen wir bis zur Fertigstellung des RTZ bereits üben können.
Haben Sie welche?
Radermacher: Wir haben eine ungenutzte Sporthalle auf Lichtscheid angegeben. Die Immobilie muss Heizung und Strom haben. Das ist bei der Halle der Fall.
Bleibt es dabei, dass die neuen Gebäude der Polizei 2022 bezogen werden?
Radermacher: So ist es derzeit vorgesehen. Bis dahin sind wir gehalten, die Gebäude auf Lichtscheid in Ordnung zu halten