Der Deutsche Meister zähmt die Widerborstige

Beim besten Friseur Deutschlands hält die Redakteurin im Selbstversuch den Kopf hin — nun hat sie die Haare schön.

Foto: Sergeij Lepke

WuppertalDüsseldorf. Der Blick in den bodenlangen Spiegel im Salon Authentic Klaus Fries offenbart: obenrum gibt es Optimierungsbedarf. Das geschulte Auge von Melih Benderioglu sieht noch mehr. Der Meister weiß, was zu tun ist. „Vorne ein paar Stufen, damit mehr Struktur und Bewegung ins Haar kommen, ein bisschen Gloss für Glanz und Charakter und leichte Strähnchen“, fasst Deutschlands bester Friseur sein Programm für die nächsten drei Stunden zusammen. Um mir vom Meister die Haare schönmachen zu lassen, halte ich gerne den Kopf hin und überlasse mich seinen geschulten Händen.

Foto: Sergeij Lepke

Mit einem glatten Schnitt landet ein dickes blondes Büschel auf dem Boden. Ich trauere ihm nicht hinterher. Melih Benderioglu hat inzwischen verschiedene Töpfchen mit einer weißlichen Paste vorbereitet. Ein sanftes Tupfen mit dem Pinsel und schon klebt Alufolie auf meiner Stirn. Die Dame neben mir sieht bereits aus, als könnte sie Satellitenfernsehen empfangen und ich fühle mich auch bereits leicht außerirdisch. Strähne für Strähne, Folie für Folie wächst das futuristische Kunstwerk auf meinem Kopf.

Foto: Sergeij Lepke
Melih Benderlioglu ist Deutscher Meister der Friseure
35 Bilder

Melih Benderlioglu ist Deutscher Meister der Friseure

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Während Melih Benderioglu pinselt und mit Alu knistert, erzählt der Wuppertaler von seinem unerwarteten Titelgewinn bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg. „Als mein Name fiel, konnte ich es erst gar nicht glauben“, berichtet der 28-Jährige. Drei Monate lang hat er nach Feierabend hart für diesen Moment trainiert. Den Pokal widmete er seinem Vater. „Ihn habe ich mal sehr enttäuscht.“

Er hätte sich gewünscht, dass sein Sohn auf dem Fußballplatz Karriere macht, doch kurz vor dem Profivertrag bei Schalke 04 stellte ihn eine Verletzung ins Abseits. „Danach hatte ich andere Dinge im Kopf“, gibt Melih Benderioglu offen zu. „Trotzdem haben meine Eltern mich immer unterstützt und ich bin froh, in meinem Beruf erfolgreich zu sein.“ Bereut hat er den Schritt zur Schere nicht. Heute schneidet er Profis wie Nico Schulz von Borussia Mönchengladbach die Haare vom Kopf.

Die Farbe hat gewirkt, warmes Wasser rauscht an meinen Ohren vorbei und gurgelt im Waschbecken. Monika Marges zupft unterdessen meine Augenbrauen. Sie hat auch das Meisterschaftsmodell geschminkt. „Mit der Frisur war es ein stimmiges Gesamtbild. Doch es war viel moderner und schlichter als alle anderen und wir wussten gar nicht, ob das ankommt.“

Drei Monate hat sich das Team intensiv vorbereitet. Nach Feierabend hat Christian Scholz-Oprea seinen Kollegen trainiert. „Wir haben nach Trends geschaut, ein Konzept entwickelt und Farbtechniken geübt. Ich habe ihn so lange getriezt, bis er es konnte.“ Gleichzeitig hat er als Coach Melih Benderioglu motiviert und in seiner Kreativität unterstützt.

Das Chaos auf meinem Kopf hat sich gelichtet. Haarscharf setzt Melih Benderioglu seine Schnitte und bringt dann den Föhn zum Einsatz. Strähnenweise dreht er die Haare auf Bürsten auf, bis ich richtig widerborstig wirke. Doch auch diese Prozedur geht glatt und nach dem Finale mit Spray und Glanz kann sich das Ergebnis im Spiegel wirklich sehen lassen.