Engelshaus In gut 100 Tagen wird der Geburtstag von Engels auf einer Baustelle gefeiert
Barmen. · Seit Jahren arbeitet die Stadt Wuppertal auf diesen Tag hin: Am 28. November 2020 soll der 200. Geburtstag von Friedrich Engels im Engelshaus am Engelsgarten gefeiert werden. Doch gut 100 Tage vor dem großen Tag fehlt noch der Eingang zu dem Schmuckstück im Engelsgarten.
Dort, wo der Anbau geplant ist, der das einstige Wohnhaus der Großeltern des Sozialrevolutionärs mit der Kannegießerschen Fabrik verbinden soll, klafft bisher noch eine Lücke.
Die Stadt hat ausgeschlossen, dass der Anbau bis zum 28. November noch fertiggestellt werden kann. Zumindest einen Rohbau will das Gebäudemanagement der Stadt Wuppertal (GMW) jedoch am großen Tag der Öffentlichkeit präsentieren. Von diesem Rohbau aus soll das Engelshaus über zwei Eingänge, die im ersten Obergeschoss und im Erdgeschoss liegen, betreten werden können.
Ursprünglich sollte der Verbindungsbau als „Ankerpunkt China NRW“ etwa 10 Millionen Euro kosten. Daran sollte sich das Land mit gut 4,5 Millionen Euro beteiligen. Da sich jedoch bereits vor Baubeginn eine Kostensteigerung um vier Millionen Euro abzeichnete, legte das GMW eine deutlich abgespeckte Version vor.
Nach der Wiedereröffnung des Engelszentrums sollen die Besucher wie ursprünglich geplant über einen Empfangsbereich im Zwischenbau die historischen Gebäude betreten. Der Rundgang durch das Engelshaus soll dann im ersten Obergeschoss beginnen und im Erdgeschoss enden. Die Öffnungen im Gemäuer wurden bereits geschaffen. Hans-Uwe Flunkert, Leiter des GMW, ist zuversichtlich, dass die Arbeiten für den Rohbau in den kommenden Wochen schnelle Fortschritte machen.
„Ich gehe fest davon aus, dass der Anbau am 28. November als Eingangsbereich genutzt werden kann. Mir liegen dazu keine anderen Informationen vor“, sagt auch Oberbürgermeister Andreas Mucke, der an diesem Tag eine Reihe von Geburtstagsgästen begrüßen wird – soweit es die Coronaschutzauflagen zulassen werden.
Gebäude am Engelsgarten bilden ein einzigartiges Ensemble
Aktuell bedarf es aber noch einiger Phantasie, um sich das fertige Gebäudeensemble vorzustellen. Im Hof des Historischen Zentrums wird intensiv gearbeitet, aber dabei geht es noch nicht um die Treppen und Aufzüge als Verbindung zum Engelshaus, sondern um den Bau eines Regenrückhaltebeckens.
„Diese Zisterne fällt mit einem Fassungsvermögen von 78 Kubikmetern größer als geplant aus, weil bei der Berechnung der Größe des Beckens der Starkregen im Mai 2018 in den Durchschnittswert der vergangenen Jahre eingeflossen ist“, sagt Hans-Uwe Flunkert. Projektleiterin Stefanie Hentrich berichtet: „Damals stand das Wasser im Hof einen Meter hoch, doch zum Glück richtete das Unwetter keinen größeren Schaden an den Gebäuden an.“ Mit rund 300 000 Euro schlägt das Rückhaltebecken zu Buche, das den historischen Baubestand schützen soll.
„Wenn dies einmal fertig ist, dann werden wir ein einzigartiges Ensemble bieten können“, so Flunkert. Wuppertal biete einen einzigartigen Ort der Weltgeschichte: „Wir zeigen nicht nur den technischen Umbruch durch die Industrialisierung, sondern in Verbindung mit dem Haus der Familie Engels auch, wie sich der soziale Umbruch im 19. Jahrhundert vollzogen hat.“ Das Engels-Haus wurde 1775 bezogen, aber bereits im Jahr 1800 grundlegend modernisiert, als die Fabrikantenfamilie zu Reichtum gekommen war.
Den Wandel erkennt man nicht zuletzt an den Wänden. Ins Auge sticht dabei insbesondere das sogenannte Tapetenzimmer im ersten Geschoss, in dem nach der Wiedereröffnung auch Trauungen stattfinden sollen. Mit etwas sehnsüchtigen Blicken schaut die Stadt hinüber zur Wittensteinstraße, wo zwei Arbeiterhäuser aus dieser Epoche stehen. Diese beiden Häuser, in denen Arbeiter der Firma Engels lebten, würden das Engelszentrum abrunden.
Zunächst einmal liegt das Hauptaugenmerk aber auf dem 200. Geburtstag von Friedrich Engels. Vieles konnte wegen der Corona-Pandemie im Engels-Jahr nicht nach Plan ablaufen. In Erklärungsnot würde die Stadt allerdings spätestens dann kommen, wenn sie ihren Geburtstagsgästen am 28. November eine nicht betretbare Baustelle präsentieren müsste. Dann wären 3,8 Millionen Euro an Baukosten publikumswirksam in den Sand gesetzt.