Universität Der Herr der Akten und Dokumente
Transfer mit langem Atem - Joachim Studberg leitet seit fast 30 Jahren das öffentliche Hochschularchiv der Uni.
Seit fast 30 Jahren arbeitet Dr. Joachim Studberg an der Bergischen Universität als Archivar. Derzeit sichert der 61-Jährige die vom Studierendensekretariat übergebenen, abgelaufenen Studierendenakten der ehemaligen Pädagogischen Hochschule (PH), die 1972, mit Aufnahme des Lehrbetriebs der Gesamthochschule Wuppertal, in diese überführt wurden. „Das sind Unterlagen von Leuten, die Ende der 60er Jahre an der PH ihr Studium angefangen haben“, sagt er.
„Da sind hochinteressante Daten drin und das wird digital erfasst. Wir sind dann über die elektronischen Findbücher in der Lage, solche Akten blitzschnell aus unserem Magazin herauszuholen“, erklärt Studberg. Die Akten gäben Aufschluss über Praktikumsnachweise, Lebensläufe und literarische Vorlieben.
Allerdings müsse dabei auch der Datenschutz berücksichtigt werden. „Anders als eine Bibliothek haben wir hier Archivschutzfristen“, betont Studberg - und die erlaubten eine Nutzung personenbezogener Unterlagen erst zehn Jahre nach Tod, sechzig Jahre nach Schluss der Akte oder aber hundert Jahre nach der Geburt.
1998 hatte der damalige Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Siegfried Maser die Gründung eines Hochschularchivs initiiert. Zum Sommersemester 1990 war der gebürtige Schwelmer Studberg als frisch promovierter Geschichtswissenschaftler zunächst befristet eingestellt worden. In der Folge kam er in die Zentrale Studienberatung, wo er hauptamtlicher Studienberater wurde. Die Aufgaben für das Archiv übte er jahrelang rein ehrenamtlich aus.
Heute leitet er mit einer Zwanzig-Stunden-Stelle offiziell das Universitätsarchiv. Ihm zur Seite stehen zwei studentische Hilfskräfte.
Der Sammler der Wuppertaler Hochschulgeschichte erhält pro Jahr etwa 70 Zugänge, meist aus den Fakultäten, der Hochschulverwaltung und den zentralen Einrichtungen. Das entspricht etwa 500 Aktenordnern. Und schon bei den Abgabeangeboten muss er vorsortieren. „Wir sind ja keine Registratur oder Rumpelkammer“, erklärt er.
Dabei beherbergt das das Archiv auch Unterlagen, die zum Schmunzeln anregen. Ein Beispiel: Studierende der früheren Werkkunstschule Wuppertal organisierten in den 1950er Jahren stadtbekannte Karneval-Partys, die den Gesetzeshütern nicht ganz koscher erschienen. So schleuste die Polizei zu einer der Feten einen Spitzel ein, der das Treiben beobachten und darüber Bericht erstatten sollte. Laut einem erhaltenen Brief hatte der Undercover-Beamte festgestellt, dass sich Studentinnen mit ihren Kommilitonen „wilden Jazztänzen“ hingaben.
Wie wichtig es ist, den Kontakt zu Professoren und Mitarbeitern der Uni zu pflegen, zeigt sich für den Archivar oft. „Von Ehemaligen bekam ich im Nachgang Fotos aus ihrer Studienzeit, Urkunden und Studienbücher, die sie dem Archiv schenkten.“ Besonders stolz ist Studberg auf ein einzigartiges Fotoalbum des früheren stellvertretenden Baudezernatsleiters Klaus Nölle, der die ersten Bauarbeiten am Campus Grifflenberg dokumentiert hat. „Großes Glück ist, dass Herr Nölle ein Herz für die Uni hat und dem Archiv sein Album geschenkt hat. Wir haben daraus einige Fotos digitalisiert, und die stehen auch auf der Archiv-Homepage.“
Eine große Herausforderung für die Zukunft ist die digitale Archivierung, die Studberg an einem einfachen Beispiel erläutert: „Die Jahreskalender der Rektoren waren früher noch in Leder gebunden. Da waren die wichtigen Termine drin. Heute haben wir Outlook-Kalender. Die Frage ist, dürfen wir diese Software überhaupt archivieren? Wie können digitale Formate unbegrenzt lesbar bleiben? Das ist eine hochkomplexe Sache.“ Da ist ein Arbeiten im engen Einvernehmen mit dem Zentrum für Informations- und Medienverarbeitung (ZIM) unverzichtbar.
Wichtig ist dem gelernten Historiker vor allem, dass das Uni-Archiv eine öffentliche Einrichtung ist, offen für interne und externe Anfragen. „Ich bekomme auch relativ viele Anfragen von außen“, sagt er. Zugleich wünscht er sich „dass die Professoren aller Fakultäten ihre Studierenden ermuntern, zum Beispiel ihre Masterthesis zumindest mit Hilfe von Archivbeständen zu schreiben. Wir haben viele interessante Quellen, auch in den Nachlässen.“ Deshalb sei es sein Wunsch, „dass im Universitätsarchiv noch mehr wissenschaftlich gearbeitet wird“.