Einzelhandel Der „Hosen-König“ schließt nach 57 Jahren
Barmen · Manfred Schultz (64) geht in den Ruhestand. Er blickt ohne Groll auf seine Zeit in Barmen.
Inhabergeführte Fachgeschäfte muten in der Barmer City, und nicht nur da, unter all den Filialisten und Billigläden wie seltene Exoten an. Und wenn dann eines dieser raren Exemplare im Schaufenster Schilder wie „Total-Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe“ ausgehängt hat, dann sieht das nach dem Hissen der weißen Flagge zum Zeichen der Niederlage aus. Doch, wer Manfred Schultz, den Inhaber von Herrenmoden König, in der Concordienstraße in Barmen besucht, der spürt nichts von einer depressiven Stimmung.
Zu Baustellen-Zeiten gab
es für die Kunden Rabatte
„Ein Abschied ohne Groll“, sagt der 64 Jahre alte Textilkaufmann, „ich gehe aus Altersgründen in den Ruhestand und freue mich darauf, jetzt mehr Zeit für meine vier und sieben Jahre alten Enkel zu haben. Und außerdem bin ich Fan des BHC und habe auch eine Dauerkarte.“
Keine Klagen darüber, dass der Internethandel ihm das Geschäft verderbe oder, dass sein Laden infolge von Pflaster- und Installationsarbeiten zeitweise durch rotweiße Baken geradezu abgesperrt und einige Zeit sogar nur über einen Steg zu erreichen war. „Das hat natürlich geschadet, aber mit 20 Prozent extra Baustellen-Rabatten habe ich mich über Wasser gehalten, zumal ich im Laufe der Jahre einen großen Kundenstamm aufgebaut habe“, so Schultz, der das 1962 gegründete Unternehmen unter dem Namen „Hosen König“ 1989 auf der Berliner Straße in Oberbarmen übernommen hatte.
„Den Firmennamen habe ich dann bald in Herrenmoden König geändert, denn es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass wir hier nur Hosen verkaufen. Schließlich sind wir nahezu kompletter herren-Ausstatter“, bekräftig Manfred Schultz.
„Damals war die Berliner Straße noch eine belebte Geschäftsstraße mit vielen Einzelhandelsgeschäften, bei denen die Inhaberinnen und Inhaber noch selbst die Kundschaft bedient haben“, erinnert sich der zukünftige Ruheständler.
„Doch im Laufe der Jahre und nach einem enormen Wandel der Bevölkerung war dort einfach nicht mehr die Klientel für anspruchsvolle Herrenmoden, sodass die Möglichkeit 2013 in die Concordienstraße umzuziehen, gerade recht kam.“ Dass in seinem Geschäft in Oberbarmen im Laufe der letzten Jahre achtmal eingebrochen wurde, dürfte ihm den Abschied aus Barmens Osten auch nicht gerade erschwert haben.
„Hier in der Concordienstraße, in der ehemaligen Filiale des Bertelsmann Leserings, die anderthalb Jahre leer gestanden hatte, habe ich auch dank meines großartigen Vermieters vorzügliche Bedingungen angetroffen. Und auch meine Stammkunden und die Neukunden hier in der Fußgängerzone waren von dem neuen Ladenlokal angetan“, stellt er seiner „Barmer Zeit“ ein sehr gutes Zeugnis aus.
Doch diese Zeit neigt sich dem Ende zu. „Am 31. Juli endet mein Mietvertrag“, informiert Schultz und verweist auf die üppigen Rabatte (30 bis 50 Prozent), die er auf die Jacketts, Hosen, Polos, Sweatshirts und Pullover von ausschließlich prominenten Herstellern gewährt. Keine „bejahrten Ladenhüter“, sondern zum Teil sogar „New Arrivals“, wie die aktuellen Neuzugänge heutzutage genannt werden.
Auf Herrenmoden König wird übrigens eine Versicherungsagentur folgen, und Barmens City ist unwiderruflich um ein weiteres Fachgeschäft, bei dem der Inhaber noch selbst für die Kundschaft da war, ärmer.
Modehaus Haschi schließt
zum Ende des Jahres
Der Werth musste vor ein paar Monaten bereits eine ähnlich schlechte Nachrichten verkraften. So kündigte bereits das traditionelle Modehaus Haschi an, dass es zum Ende des Jahres schließen wird. Die Volksbank im Bergischen Land zieht dafür im kommenden Jahr in das fünfstöckige Haschi-Haus.