Wuppertal Vorwerk-Miteigentümer: Warum Vertrauen die Basis des Erfolges ist

Wuppertal. · Vorwerk-Miteigentümer Jörg Mittelsten Scheid beschreibt in seinem Buch die Bedeutung von Familienunternehmen.

 Jörg Mittelsten Scheid ist aktiver Ehrenvorsitzender des Beirates der Firma Vorwerk.

Jörg Mittelsten Scheid ist aktiver Ehrenvorsitzender des Beirates der Firma Vorwerk.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Bayer, RWE, Lufthansa, Airbus, Eon, Metro – wenn in Deutschland über Wirtschaft gesprochen wird, fallen meistens die Namen der großen Aktiengesellschaften, der Konzerne, die den Zustand des Dax bestimmen. Denn der Dax ist das Gefühlsbarometer der deutschen Wirtschaft. Dabei spielen diese Konzerne im Wirtschaftsleben eigentlich eine untergeordnete Rolle.

Familienunternehmen sind das Rückgrat des Bruttosozialproduktes, des staatlichen Steueraufkommens und des Made in Germany, mit dem Deutschland in der Welt immer noch sehr gute Geschäfte macht. Neun von zehn Unternehmen in Deutschland sind in Familienhand.

Wie wichtig diese Firmen sind, belegt die Entwicklung der Mitarbeiterzahlen. Während 27 Dax-Konzerne im Zeitraum von 2007 bis 2016 rund 60 000 neue Stellen geschaffen haben, meldeten die 500 größten Familienunternehmen in Deutschland ein Plus von 500 000 Stellen. Das geht aus Erhebungen der Stiftung Familienunternehmen hervor. Demnach ist es also sinnvoll, sich mit diesem Phänomen zu beschäftigen und der Frage nachzugehen, was den Erfolg dieser Unternehmungen ausmacht.

Jörg Mittelsten Scheid hat sich auf die Suche nach Antworten begeben. Er ist dazu berufen, weil er seit gut fünf Jahrzehnten in einem der erfolgreichsten Familienunternehmen Deutschlands wirkt. Noch heute als beinahe Mittachtziger ist er aktiver Ehrenvorsitzender des Beirates von Vorwerk. Aus dessen Fabriken stammen legendäre Haushaltsgeräte wieder Staubsauger Kobold und das multifunktionale Küchengerät Thermomix. An deren Siegeszug ist Mittelsten Scheid exponiert beteiligt.

Familienunternehmen ist „eine herrliche Schöpfung“

Auch wenn sein Buch „Vertrauen im Familienunternehmen“, erschienen im Wuppertaler Verlag Müller+Busmann, nicht explizit Vorwerk-biografisch ist, spricht aus jeder Zeile des knapp 80 Seiten starken Werkes profunde Kenntnis eines erfolgversprechenden Regelwerkes. Aufgelockert wird die kurzweilige Lektüre noch von themenbezogenen Illustrationen aus der Feder Björn von Schlippes.

Nach Mittelsten Scheid ist das Familienunternehmen „eine herrliche Schöpfung und eine sehr menschliche dazu“. Es ist demokratisch und in seiner perfekten Ausprägung fair, transparent, kommunikativ, und nicht zuletzt durch diese Eigenschaften auch erfolgreich.

Aber der Autor weist auch auf die Fallstricke hin, die in einer solchen Konstruktion verborgen sein können. Er unterscheidet zwischen Familienunternehmen, die direkt beziehungsweise indirekt von Familien geführt werden. Im Falle Vorwerk scheint demnach die ideale Form gefunden worden zu sein. Hier agieren familienfremde Geschäftsführer, die von einem Beirat begleitet werden, in dem idealerweise ein Mitglied der Eigentümerfamilie vertreten ist. Dieses Mitglied fungiert gleichzeitig als Sprecher der Familie.

Offene Kommunikation gerade in Krisenzeiten

Selbstverständlich können Familienunternehmen auch in anderen Konstruktionen funktionieren, etwa ohne Beirat oder mit Vertretern der Familie an der Spitze des operativen Geschäftes. Grundvoraussetzung sind allerdings offene Kommunikation gerade in Krisenzeiten, Ehrlichkeit, Kompetenz und Konsequenz. Ausgeschlossen ist nach Auffassung Mittelsten Scheids das Patriarchat, die autokratische Führung einer Firma von einer Person. Das hält Mittelsten Scheid schon deshalb für überkommen, weil es seiner Grundthese widerspricht. Denn er ist der Überzeugung, dass Vertrauen die Basis von allem ist. Und ein Autokrat kann sicher vieles, vertrauen jedoch kann er nicht. Darauf aber kommt es an im Zusammenspiel der Akteure. Darauf sowie auf Überwindung von Eitelkeit und Machtgelüsten.

In seinem Buch beschreibt Jörg Mittelsten Scheid das Wirken eines jeden Teils des Unternehmens im Sinne des Ganzen. Anhand von praktischen und sehr nachvollziehbaren Beispielen erklärt er, was funktionieren kann und was nicht. Er weist auf die Notwendigkeit hin, einer eingesetzten Geschäftsführung einen Vertrauensvorschuss zu geben, er ordnet die Rolle des Beirates als Bindeglied zwischen Geschäftsführern und Eigentümern ein. Er beleuchtet die Rolle der Beschäftigten und deren Verhältnis zu Geschäftsführern, Beirats- und Familienmitgliedern. Und stets gilt der Kernsatz: „Vertrauen ist die Brücke über etwas, das man nicht wissen kann.“