Offen gesagt Der WSV und das Derby: Hände und Hinterteile

Wuppertal. In fast jeder anderen Stadt, in fast jeder anderen Sportart hätten die Verantwortlichen wahrscheinlich von einem Traumlos gesprochen. In Wuppertal hingegen mischt sich sofort Sorge in die Freude über das Halbfinalspiel gegen Rot-Weiss Essen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Da treffen zwei uralte Rivalen aufeinander, ein Nachbarschaftsduell, das sportlich Brisanz und Hochspannung verspricht. Leider aber bleibt es aller Voraussicht nach nicht bei dem sportlichen Wettstreit. Und ein paar Dutzend Anhänger werden auch mit der stimmlichen Auseinandersetzung mit den Fans des anderen Clubs nicht zufrieden sein.

Mit anderen Worten: wieder einmal drohen beängstigende Zustände um das Zoostadion herum und bengalische Fackeln in den Fankurven im Stadion. Es ist keine reine Freude, wenn Essen und Wuppertal gegeneinander Fußball spielen. Dafür sorgen die sogenannten Fans schon. Blaulicht und Polizisten im Zooviertel, Hunderte von Ordnern im Stadion müssen sich darum kümmern, dass wenigstens das Allerschlimmste verhindert wird. Ganz ohne Fausthiebe und Blessuren wird es aber sicher nicht abgehen. Das ist ärgerlich und traurig zugleich. Denn es konterkariert, was der Wuppertaler SV in den vergangenen drei Jahren auf die Beine gestellt hat. Der finanziell stets notleidende Fußballclub scheint eine solide Basis gefunden zu haben. Die sportlich Verantwortlichen erwecken den Eindruck, zum WSV zu passen wie der Topf auf den Deckel. Dass ein Aufsteiger aus der 5. in die 4. Liga zur Hochzeit der Saison im oberen Tabellenviertel zu finden ist, ist alles andere als selbstverständlich. Deshalb ist es auch keine Träumerei, sich mit höheren Zielen zu beschäftigen — nicht kurzfristig, weil dazu die Logistik des Vereins noch nicht ausreicht. Aber in zwei, drei Jahren könnte Wuppertal zumindest wieder in der 3. Liga vertreten sein. Könnte.

Möglich ist aber auch, dass die Unbelehrbaren unter den Fans ihrem Club bis dahin ein Bein stellen. Zur Partie am 28. März darf der WSV gut und gerne 14 000 Fans erwarten. Die Einnahmen teilt er sich nach Abzug aller Kosten pokalüblich mit dem Gegner und dem Fußballverband. Unter dem Strich fallen dabei die 300 Ordner schon ins Gewicht, die der Club mobilisieren muss, um das Spiel innerhalb des Stadions gefahrfrei für Zuschauer, Spieler und Schiedsrichter über die Bühne zu bringen. Das lehrt die Erfahrung. Es ist nicht auszuschließen, dass der WSV an diesem sportlichen Leckerbissen finanziell noch einige Zeit zu kauen haben wird.

Dieses Trauerspiel wird sich so lange wiederholen, bis der Wuppertaler SV den Unbelehrbaren in der rot-blauen Kurve ein für allemal zeigt, wo der Ausgang ist. Stimmung, Fahnenmeere und Fangesänge sind das Salz in der Suppe eines jeden Derbys. Hass, Gewalt und lebensgefährliche Feuerwerkskörper hingegen machen sie fade und ungenießbar. WSV-Fansprechchöre wie „Wuppertal asozial“ sind außerdem nichts, mit dem sich mögliche Geldgeber gern verbinden.

Es ist deshalb Aufgabe des Vereinsvorstandes, den Club von solchen Fans zu befreien. Sonst stoßen die immer wieder mit dem Hinterteil um, was andere beim WSV mühsam mit ihren Händen aufgebaut haben.