Begrabt mein Herz in Wuppertal Der Wunsch nach einem Hund
WZ-Kolumnist Uwe Becker über Erfahrungen mit Haustieren.
Wuppertal. Als kleiner Junge wünschte ich mir immer einen Hund. Die amerikanische Fernsehserie „Lassie“ schaute ich damals besonders gerne. Abends in meinem Bett stellte ich mir immer vor, wie schöne es wäre, wenn am Morgen ein Collie sein Köpfchen auf die Bettkante legt, mir das Gesicht ableckt und dann liebevoll knurrend die Bettdecke wegzieht, damit ich aufstehe, um mit ihm Gassi zu gehen. Meine Mutter hasste jedoch Hunde und Katzen, und meine Bitte, „Wenn schon kein Hund, dann vielleicht eine kleine Katze, Mama?“, erübrigte sich daher.
Meinen Vater hatte ich zwar auf meiner Seite, aber die Drohung meiner Mutter, „Wenn ein Hund ins Haus kommt, ziehe ich aus!“, nahm er zu ernst. Glücklicherweise hatten die Eltern eines Klassenkameraden einen kleinen Hund, mit dem ich ab und zu spielen durfte. Die kleine Pudeldame Anja schenkte mir damals zwar viele glückliche Momente, aber keinen eigenen Hund besitzen zu dürfen, machte mich lange Zeit traurig.
Irgendwann gestattete meine Mutter die Anschaffung eines Hamsters. Mein Wunsch, einen Vierbeiner zu halten, war so groß, dass ich mich zur Not auch mit einem winzigen Tier anfreunden wollte. Die anfängliche Euphorie war aber schnell dahin. Der Hamster war langweilig, verbrachte den halben Tag im Laufrad, fraß und schlief. Ich konnte keine persönliche Bindung zu ihm aufbauen, auch weil ich mir immer noch so sehr einen Hund wünschte. Einmal befreite ich den Hamster aus dem Käfig, damit er ein wenig Abwechslung bekam. Meine Mutter kreischte in heller Panik, als er hinter der großen Wohnzimmerschrankwand verschwand. Mein Vater musste Möbel verrücken und es dauerte eine Weile, bis wir ihn wieder eingefangen hatten. Am anderen Tag lag der kleine Nager tot in seinem Käfig. Ich glaube, die Aufregung war zu viel für sein kleines Herz.
Meine Trauer hielt sich in Grenzen. Um mich dennoch zu trösten, kaufte mein Vater mir zwei Goldfische. Die beiden Wassertiere überlebten aber nur wenige Wochen, weil ich sie einmal versehentlich mit getrocknetem Oregano gefüttert hatte. Mein älterer Bruder meinte, „Das sind dumme Zierfische, die sind ertrunken, weil sie nicht so gut schwimmen können.“ Wir lebten dann eine zeitlang ohne Haustiere, bis mein Vater von einem Arbeitskollegen zwei Wellensittiche bekam, die dieser abgeben musste, weil seine Frau eine Allergie hatte. Hansi und Peter hießen die quietschfidelen Vögel, aber als Ersatz für einen Hund taugten auch diese beiden Schnabeltiere nicht.
An einem Samstagabend, meine Eltern waren bei Freunden eingeladen, schaute ich mit meinem Bruder verbotenerweise Alfred Hitchcocks „Die Vögel“. Ich war 11 Jahre alt und hatte nach dem Film große Angst. In der Küche zwitscherten aufgeregt unsere Wellensittiche. Mein drei Jahre älterer Bruder bemerkte meine Furcht und nutzte diese schamlos aus: „Vielleicht drehen unsere beiden Vögel ja auch durch und zerfleischen uns. Wir sollten ihnen zuvor kommen und die Hälse umdrehen. Und wenn sie tot sind, dann kauft Papa Dir vielleicht endlich einen Hund!“ So sehr ich mir auch einen Hund wünschte und so groß auch meine Angst wegen dieses schrecklichen Films war, nein, die Wellensittiche umzubringen, das kam nicht in Frage. Ich lag noch länger schweißgebadet wach und achtete auf verdächtige Geräusche aus dem Vogelkäfig.