„Die Firmen warten auf uns“
Das Freie Netz Werk Kultur diskutierte über das Verhältnis von Kunst und Wirtschaft.
Diskussionsstoff brachte Ulrike Lehmann zum Jour Fixe des Netzwerks Freie Kultur mit. Kreativität sei der gemeinsame Nenner von Unternehmen und Künstlern - gegen diese These aus Lehmanns Vortrag „Wirtschaft trifft Kunst“ hatten die meisten Zuhörer in der Kantine der Riedel Hallen nichts einzuwenden. Auf wenig Verständnis stieß hingegen die Schlussfolgerung „Kunst fördert die Wirtschaft“. Als die Düsseldorfer Autorin als Beispiele für den „neuen Künstler“ Großverdiener wie Gerhard Richter und Jeff Koons nannte, ging ein Raunen durchs Publikum.
In den anschließenden Wortmeldungen wurde Lehmanns Definition von Kreativität hinterfragt. Künstler arbeiteten nicht auf ein gewinnorientiertes Ziel hin, hieß es. Überdies sei es nicht Aufgabe der Künstler, sich den Vorgaben der Wirtschaft anzupassen. „Ich glaube, dass Unternehmen mutig sein müssen“, kommentierte ein Zuhörer.
Fast hätte die Kontroverse die übrigen Programmpunkte in den Hintergrund gedrängt. Dabei waren mit Markus Riedel (Riedel Communications) und Martina Seidel (Barmenia) kunstaffine Unternehmen vertreten. Mit Produktionen wie „Romeo und Julia“ und „Don Quijote“ haben sich die Riedel Hallen als Theaterort etabliert. Seidel bot sich dem Netzwerk als Ansprechpartnerin an. „Ich will nicht ausschließen, dass wir noch stärker in den Bereich Kunstunterstützung gehen“, fügte sie hinzu.
Die Tradition des Mäzenentums beleuchtete Christiane Gibiec in ihrem Vortrag über den Lackfabrikanten Kurt Herberts (1901-89), der über die Region hinaus Kunst förderte und in der NS-Zeit verfemten Künstler wie Willi Baumeister und Oskar Schlemmer half. Als gutes Beispiel stellte Christian von Grumbkow die Firma Bartels-Feldhoff vor. Die Auszubildenden erhielten regelmäßig Kunstunterricht. Sogar die Manager nähmen an Malkursen teil. „Geht zu den Firmen“, forderte von Grumbkow die anderen Netzwerker auf. „Traut euch. Denn die warten auf uns.“ Eckehard Lowisch widersprach. Seitdem der Bergische Kulturfonds die freie Szene fördere, habe das Interesse abgenommen. „Die Unternehmer möchten gar nicht mehr drauf angesprochen werden.“ Diesen Eindruck teilte Andrea Raak und kritisierte die Institution Kulturfonds. Das 25 000-Euro-Budget sei einfach zu niedrig. „Da wird über Mini-Beträge verhandelt“, sagte Raak. „Ich kann nur hoffen, dass sich das wieder ändert.“