Wuppertaler Geschichte Die Geschichte eines echten Dauerbrenners
Die finanzielle Not von Städten war auch früher ein Thema.
Wuppertal. Die Diskussion um die Finanznöte der Städte ist — historisch betrachtet — ein kommunalpolitischer Dauerbrenner: Bestens analysiert, oft beklagt und nie befriedigend gelöst. Das war schon zu Kaisers Zeiten so. Haupteinnahmequelle der Städte im deutschen Kaiserreich war zunächst die staatliche Einkommensteuer, zu der sie je nach eigenem Ermessen Zuschläge erheben konnten. In schlechten Zeiten machten besonders klamme Kommunen mit bis zu 300 Prozent geradezu exzessiv davon Gebrauch.
In Elberfeld und Barmen lagen diese Zuschläge vor dem Ersten Weltkrieg zwischen 200 und 230 Prozent. Hinzu kamen sogenannte „Realsteuern“ wie Gewerbe-, Grund- und Gebäudesteuern, die die Städte nach dem „Kommunalabgabengesetz“ von 1893 selbstständig ausgestalten durften.
Der für diese grundlegende Reform zuständige nationalliberale, preußische Finanzminister Johannes Miquel war zuvor jahrelang Oberbürgermeister in Osnabrück und Frankfurt am Main gewesen und wusste deshalb aus Erfahrung, wo bei den Städten „der Schuh drückte“ — zumindest soweit diese eher wohlhabend waren. Forderungen nach einem Finanzausgleich zwischen armen und reichen Städten wurden bereits im Kaiserreich immer wieder gestellt. Einen kommunalen Lastenausgleich zugunsten der „armen“, jedoch kostenintensiven Industriestädte hatte aber auch der ehemalige OB nicht auf dem Plan.
Immerhin waren künftig die Zuständigkeiten von Staat und Kommunen erst einmal geklärt. Und das war dringend nötig im Zuge des rapiden Städtewachstums der kapitalistischen Industriegesellschaft. Zwischen dem Ende der 1860er Jahre und 1911 versechsfachten sich die Pro-Kopf-Ausgaben der deutschen Großstädte. Boomtowns wie etwa Barmen und Elberfeld finanzierten die gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstehende städtische Infrastrukturstruktur weitgehend über Anleihen. Und die Verschuldung schritt munter voran.
1887/88 erhielten zunächst Elberfeld, dann Barmen die ersten kommunalen Elektrizitätswerke in ganz Preußen. Kredite dienten auch zum Bau von Straßen und Schulen, von Schlacht- oder Viehhöfen, Krankenhäusern oder Kultureinrichtungen. Die Schulden der Städte stiegen dabei schneller als die der Einzelstaaten. 1914 standen die deutschen Städte mit rund 7,5 Milliarden insgesamt höher in der Kreide als das Deutsche Reich mit etwa 5 Milliarden Mark.
Die Pro-Kopf-Verschuldung in Barmen etwa lag 1907 mit 358 Mark deutlich höher als in Duisburg, aber niedriger als in Düsseldorf. Seit 1900 wurden die Finanznöte der Städte dann als öffentliches Thema zu einem Dauerbrenner. Die Zeitgenossen sahen Schulden zwar kritisch, aber auch als Grundlage zur Entfaltung der kommunalen Leistungsverwaltung. Erst als die militärische Aufrüstung im Vorfeld des Ersten Weltkriegs 80 Prozent des Gesamthaushaltes verschlang und den Staat dann zur verstärkten Kreditaufnahme ermunterte, wurde den Kommunen eigenständiges Agieren an den jetzt engen Finanzmärkten untersagt.