Gesellschaft und Soziales „Die Krawatte“ in Wuppertal: Wie gesunde Nachbarschaft funktioniert

Wuppertal · Das Quartiersprojekt „Die Krawatte“ und der offene Mittagstisch des Nachbarschaftsheims am Platz der Republik erhalten Förderpreis.

Mit der „Krawatte“ aus Heckinghausen und dem Nachbarschaftsheim in Elberfeld zeichnete die AOK Bergisches Land zwei Initiativen aus Wuppertal mit einem Förderpreis in Höhe von je 1000 Euro aus. Regionaldirektorin Christiane Otto (4.v.l.) übergab die Preise.

Foto: Anna Schwartz

Mögen Krawatten auch allmählich aus der Mode kommen, „Die Krawatte“ ist seit Jahren modern. Gemeint ist damit das gleichnamige Quartiersprojekt in Heckinghausen, das am Mittwoch ebenso mit dem AOK-Förderpreis „Gesunde Nachbarschaften“ ausgezeichnet wurde wie das „Nachbarschaftsheim“ am Platz der Republik in Elberfeld.

Christiane Otto, Regionaldirektorin der AOK Bergisches Land, hatte Vertreter beider Initiativen zu einer gemütlichen Kaffeetafel ins Haus an der Bundesallee eingeladen, um Urkunden und symbolische Schecks über je 1000 Euro zu überreichen, mit denen die Arbeit der „Krawatte“ und des Nachbarschaftsheims unterstützt werden. Aus 61 Bewerbern um diese Auszeichnung wurden sechs ausgewählt, und unter ihnen sind mit den genannten Projekten zwei aus Wuppertal dabei. Zuvor hatten Dorothee van den Borre (Krawatte) und Andrea Knoll (Nachbarschaftsheim) die Arbeit der beiden Initiativen vorgestellt und wurden dabei unterstützt von ihren ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen.

„Brückenbauer“ unterstützten Neuankömmlinge in der Krawatte

„Die Krawatte“, untergebracht in der Fabrikationshalle in Heckinghausen, in der früher der Halsschmuck hergestellt wurde. Der Raum diente auch während des Baus des Stadtteiltreffs als Übergang, doch der damalige Sozialdezernent Stefan Kühn hatte versprochen, dass das Gebäude weiter für soziale Zwecke genutzt werden würde. So nimmt man sich dort geflüchteter und vom Krieg in ihrem Herkunftsland traumatisierter Kinder an. Derzeit etwa mit einem Waldprojekt, bei dem Waldpädagogen mit den Kindern ins Grüne gehen, wo sie nicht nur toben oder sich entspannen können, sondern auch mit sozialer Kompetenz vertraut gemacht werden. „Zum Programm gehören aber auch Basteln, Singen oder Vorlesen“, ergänzte Dorothee van den Borre, die ausführte: „Unsere Arbeit stützt sich in allen Bereichen vor allem auf ,Brückenbauerinnen’ aus den Herkunftsländern wie Rem Bifar oder Joanna Hamand“, und zeigte dabei auf ihre Sitznachbarinnen.

Wobei bekannt wurde, dass es rund 85 Brückenbauer gibt, die in der „Krawatte“ eingesetzt werden können. „Früher wurden sie von uns unterstützt, jetzt unterstützen sie unsere Arbeit und helfen den Neuankömmlingen“, stellte van den Borre, die mit ihrem Team zwischen 600 und 750 Menschen im Quartier betreut, fest. Wobei die Hilfe auch Gänge zu den Behörden oder zum Arzt ebenso umfasst wie das Besorgen lebensnotwendiger Dinge.

Genauso wie ihre Kollegin vom Nachbarschaftsheim betonte sie, dass die Frauen, die durchweg Mütter sind, geradezu von dem Wunsch beseelt sind, die Landessprache ihrer neuen Heimat zu lernen. Und wer mit den Damen spricht, merkt bald, dass ihnen die deutschen Worte und Sätze recht leicht über die Lippen gehen.

Das Nachbarschaftsheim hat seine Auszeichnung für den „Offenen Mittagstisch“ erhalten. Ehrenamtliche Köchinnen servieren ihren Nachbarn im Ortsteil Spezialitäten aus ihrer Heimat und versuchen, das möglichst fleischlos zuzubereiten. Wegen der Herkunft vieler aus muslimischen Ländern wird auf die Verarbeitung von Schweinefleisch generell verzichtet. „Es gibt unter unseren ehrenamtlichen Köchinnen aus zehn Nationen auch Spezialistinnen, die vegane Gerichte bestens zubereiten können.“

Dass man dabei nicht auf kulinarische Vielfalt verzichten muss, beweisen Gerichte aus der Türkei, dem Sudan, aus Togo oder der Ukraine. „Draußen vor dem Speiseraum ist eine Tafel, auf der steht, was es am jeweiligen Tag gibt und wer die Köchin ist. Gegessen wird allerdings, was auf den Tisch kommt“, verrät Andrea Knoll schmunzelnd und stellt dabei auch mit Freude fest, wie sich beim Kochen Freundschaften und Sympathien bilden, die auch jenseits von Tisch und Küche Bestand haben.

Viele Besucher sind Stammgäste beim Mittagstisch geworden

„Die Kosten werden durch Spenden aufgebracht, aber auch durch einen Obolus, den die Gäste entrichten“, so Andreas Knoll. „Da gibt es keine festen Regeln. Jeder gibt, was er kann. Und bei uns gibt es viele Menschen, die kaum das Nötigste haben. Aber auch die sollen teilhaben“, ist ein wichtiges Prinzip des Zusammenlebens rund um den Ostersbaum und den Platz der Republik. Viele der Anwohner haben Geschmack und Gefallen an den internationalen Gerichten gefunden und sind Stammgäste.

Was sowohl in Heckinghausen wie auch am Ostersbaum über allem steht, ist das gemeinsame „gesunde Nachbarschaftsverhältnis“ unter den Neubürgerinnen und Neubürgern und den deutschen „Ureinwohnern“.