Abstimmung bis 26. Mai Die Seilbahn als Motor moderner Stadtentwicklung

Wuppertal · Der Dekan der Fakultät für Elektrotechnik, Informationstechnik und Medientechnik an der Bergischen Uni sieht viele Vorteile.

Anton Kummert

Foto: Fischer, Andreas H503840

Was zeichnet attraktive Städte aus? Ist es nicht – neben Einzelattraktionen – ein gelungenes Zusammenspiel kultureller, wirtschaftlicher und infrastruktureller Faktoren? In Wuppertal sind in jüngerer Zeit zu den bekannten „Leuchttürmen“, wie der Schwebebahn, dem Kunstmuseum, dem Skulpturenpark oder der Bergischen Universität, neue Anziehungspunkte hinzugekommen: die Junior Uni oder der neue Döppersberg; und im Werden begriffen: das Pina-Bausch-Zentrum oder die für das Jahr 2031 geplante Bundesgartenschau. Das alles lässt hoffen, doch um in Sachen Gesamtattraktivität voranzukommen, dürfen wir es damit nicht bewenden lassen.

Nicht nur bei den genannten Beispielen, sondern auch bei weiteren diskutierten Projekten, wie der Seilbahn, stößt man auf ein Phänomen. Nur allzu oft werden die direkten betriebswirtschaftlichen Kosten überbetont und die langfristigen Nutzen für die ganze Stadt und ihre Entwicklung vernachlässigt. Gerade bei großen öffentlichen Projekten führt diese Engführung nicht selten zu falschen Schlussfolgerungen. Speziell wenn man sie einer öffentlichen Debatte überlässt, ohne die Bevölkerung ausreichend mit verlässlichen Daten zu versorgen.

Das Seilbahnprojekt ist für die dahinterstehende Logik ein hervorragendes Beispiel. Zwar haben uns die Wuppertaler Stadtwerke zuverlässig mit betriebswirtschaftlichen Zahlen versorgt. Und schon diese Kosten-Nutzen-Analyse ist belastbar und signalisiert für das Vorhaben grünes Licht. Doch richtig interessant wird es erst, wenn man „externe Effekte“ berücksichtigt, also Vorteile, die sich indirekt aus dem Projekt ergeben. Dies gilt für viele Infrastrukturobjekte, wie Kultureinrichtungen, Sportstätten, Schulen oder Autobahnen. Für ihre Bewertung müssen auch Effekte wie Attraktivitätsgewinn für Bürger und Investoren, Umweltschutz, die Reduzierung von Lärm oder die Verbesserung der regionalen Wirtschafts- und Sozialstruktur sowie positive Auswirkungen auf das Image einer Stadt berücksichtigt werden. Dies alles gilt in hohem Maße für die geplante Seilbahn.

Überdies positioniert sich das Bergische Städtedreieck im Rahmen der digitalen Modellregion als Schrittmacher für Mobilitätskonzepte von Morgen. Das Seilbahnprojekt ist nicht nur Blaupause für eine besondere Form der Elektromobilität, sondern gibt auch Impulse für multimodale Verkehrslösungen, bei denen mittels Technologien der Digitalisierung ein hochleistungsfähiges Verbundsystem an Mobilitätsformen realisiert werden kann. Es handelt sich in dieser Dimension um ein Vorzeigeprojekt, welches nicht nur als touristische Attraktion wahrgenommen, sondern das auch reale Verkehrsprobleme in Stoßzeiten deutlich entspannen würde. Die Seilbahn wäre somit eine Art Schwebebahn 2.0.

Wie sie sich im Konzert mit anderen wichtigen Standortfaktoren längerfristig als zentral für eine erfolgreiche Stadtentwicklung erweisen kann, lässt sich vor allem mit Blick auf die Bergische Universität ersehen. Diese hat in den vergangenen Jahren einen enormen Bedeutungszuwachs erlebt und ermöglicht Wuppertal in vielfacher Hinsicht Impulse für eine erfolgreiche Entwicklung, die letztlich allen Bürgern zu Gute kommt. Zahlreiche Forschungsergebnisse der wissenschaftlichen Einrichtungen finden international Beachtung und verschaffen nicht nur der Universität, sondern auch der Stadt grenzüberschreitende Aufmerksamkeit. Der Anstieg der Studierendenzahlen konnte den Negativtrend bei der demografischen Entwicklung der Einwohnerzahlen entgegenwirken. Wuppertal hat sich verjüngt und ist wieder zu einer wachsenden, zukunftsorientierten Stadt geworden. Der regionale Arbeitsmarkt profitiert von den jungen bestens ausgebildeten Fachkräften und die Universität selbst bietet als einer der größten Arbeitgeber der Region um die 3500 Menschen Beschäftigung. Auch durch die besonderen Aktivitäten der Universität im Bereich Existenzgründung entsteht eine Landschaft von innovativen aussichtsreichen Startups, welche die Stadt als Wohn- und Beschäftigungsstandort für junge Familien attraktiver werden lässt.

Damit von der Universität diese Effekte ausgehen können, muss sie selbst auf einen attraktiven, modernen Standort bauen können, wozu ganz zentral auch eine gute Verkehrsanbindung zählt. Leider jedoch hat gerade diese, insbesondere was den Hauptcampus Grifflenberg anbetrifft, mit den anderen positiven Entwicklungen der letzten Jahre in keiner Weise Schritt gehalten. Das Fehlen einer hochwertigen und leistungsfähigen Verkehrsanbindung wirkt sich zunehmend als enormer Standortnachteil im Vergleich zu anderen Hochschulen aus. Denn bei der Wahl des Studienortes spielt die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV für die Studierenden eine entscheidende Rolle. Die Bergische Universität ist leider die einzige Universität in NRW, die nicht mit einer leistungsfähigen Schienenverkehrsanbindung ausgestattet ist.

Wenn man also bei der Entscheidung für oder gegen eine Seilbahn in Wuppertal die Perspektive weitet und ausgehend von wichtigen betriebswirtschaftlichen Faktoren auch gesamtgesellschaftliche Aspekte einbezieht, stellt sich die Situation noch viel eindeutiger dar. Und das geht so: Zunächst erhöhen wir die Attraktivität vor allem für Studierende, Beschäftigte der Universität, Bewohner der Südhöhen und Touristen. Doch bei genauerem Hinsehen entstehen längerfristige Vorteile für eine ganze Stadt und deren Zukunftsentwicklung.