Kunst Die Wuppertaler Straßen werden zum Tagebuch

Wuppertal · Kunststudentin Aylin Forneberg verbindet bei der ihrer Stadtführung Orte mit Erinnerungen.

Aylin Forneberg führt die Besucher performativ.

Aylin Forneberg führt die Besucher performativ.

Foto: Kevin Bertelt

Seit dem 14. September stellen Aylin Forneberg und David Friedrich unter dem Titel „Flechten“ gemeinsam im neuen Kunstverein aus. Die beiden Kunststudierenden verflechten darin ihre Wahrnehmungen und Perspektiven der Welt miteinander. Am Sonntag erweiterte Forneberg ihre Beiträge um eine weitere Ebene: eine performative Stadtführung. Aber was genau kann man sich unter dem Begriff vorstellen? Was ist anders, als bei einer „klassischen“ Stadtführung? „Ich glaube, der Unterschied für mich ist, dass ich nur über mich rede und deswegen dieser Teil von Informativem, wo ich aufkläre oder einen Blick in die Geschichte gebe, einfach wegfällt“, erklärte sie. Es sollte also nicht um die Orte im Kontext der städtischen Historie gehen, sondern um die Verbindungen, die Forneberg selbst dazu hat. Durch das Konzept ergänze sie die Arbeiten im Ausstellungsraum und schaffe dadurch gleichzeitig ein eigenes neues Werk. „Ich werde gleich viel Intimes offenbaren und Sachen, die vielleicht auch nicht für alle Ohren gemacht sind. Aber genau das ist das Spannende für mich“, kündigte sie an.

Sticker, Wünsche und geteilte Erfahrungen

Aus der Performance selbst sollte außerdem ein ganz eigenes Kunstwerk entstehen. Eins, das nur für die sichtbar sein würde, die an dem Rundgang teilnahmen. Forneberg verteilte zu Beginn an alle Teilnehmenden je zwei Sticker. Sie selbst markierte jede Station, jeden der aufgesuchten wichtigen Orte, mit einem dieser Sticker. Die Teilnehmenden lud sie ein, es ihr gleich zu tun und für sie selbst bedeutungsvolle Stellen in der Stadt zu markieren. So entstehe ein Geflecht aus Erinnerungen, erklärte sie. Ein geheimes Erkennungszeichen, für alle, mit denen sie die kommenden Stunden teilen würde.

Der Rundgang führte quer durch Elberfeld, über den Platz der Republik, ins Mirker Quartier bis ins Luisenviertel. Immer wieder blieb Forneberg an vermeintlich unscheinbaren Orten stehen und erzählte. Wie bei einem Einblick in ihr Tagebuch ging es um Höhen und Tiefen. Um flüchtige Momente und einschneidende Erlebnisse. Um länger Vergangenes, aber auch um Wünsche für die Zukunft. Über Gefühle zu schreiben, sei meist der Ausgangspunkt für ihre Kunst. „Die sind manchmal vielleicht ein bisschen kitschig und deswegen versuche ich, neue Wege zu finden, sie unterzubringen, damit Leute sie anschauen können. Und sich vielleicht sogar selber darin wiederfinden und es so zu einer geteilten Erfahrung wird.“ Für das, was sie ausdrücken will, wählt sie immer den Weg, den sie am passendsten findet. „Wenn ich jetzt merke, ich habe viel in der Stadt erlebt und möchte darüber reden, dann mache ich halt eine Performance“, erläuterte sie. Von der Stadt inspiriert sind auch die Werke im Neuen Kunstverein. Dort verbindet sie urbane Momente unter anderem in Form von Skulpturen mit sich. Eben genau so, wie sie während der Führung den urbanen Raum mit sich verband. Wer „Flechten“ noch besuchen will, hat bis zum 19. Oktober die Gelegenheit dazu.