Azubistartpunkt Diese Ausbildungsberufe werden oft unterschätzt

Manche Sparten sind unbeliebt, bieten aber Zukunftschancen und sind abwechslungsreich.

Dachdecker im Dauereinsatz: Keineswegs geht es nur darum, Ziegel zu verlegen. Köpfchen ist gefragt bei der Suche nach undichten Stellen im Dach.

Foto: ja/dpa

Der Ausbildungsmarkt gilt heute als einer, der von den Auszubildenden bestimmt wird. Die Schulabgänger können sich im Prinzip aussuchen, wo sie anfangen wollen. Die Betriebe müssen um die Auszubildenden werben. Umso mehr in Berufen, die zu wenige Auszubildende finden - etwa weil heute ein Bild von ihnen in den Köpfen existiert, dass sie unattraktiv erscheinen lässt.

Kreishandwerksmeister Arnd Krüger kennt das Problem. Er nennt gleich mehrere Handwerksberufe, die nicht mehr so beliebt bei den Schulabgängern sind. „Meiner zum Beispiel: Glaser. Will momentan keiner werden“, sagt er. Aus seiner Sicht ist das ein „super spannender Beruf“, äußerst vielfältig. Glaser stellen etwa Fenster-, Türen- und Fassadenkonstruktionen aus Flachglas her. Oder Dachdecker: „Da denken viele nur, die verlegen Ziegel. Es ist heiß, kalt oder nass - weil man draußen arbeitet“, so Krüger. Aber das ist nicht alles: „Man muss kreativ sein, den Fehler finden, wenn etwas undicht ist“. Oder Zimmermänner: „Dafür braucht man Mathe, Statik. Und Techniken wie Verzinkung.“

Es steckt immer mehr dahinter als auf den ersten Blick ersichtlich, will er sagen. Die Handwerksberufe hätten sich entwickelt, seien fortschrittlicher – und zukunftssicher. „Sicherer als vieles andere“, sagt er mit Blick auf die Digitalisierung. Krüger findet zudem, das Handwerk sei etwas für Menschen, die individuell seien, die ihr Ding machten.

Carmen Bartl-Zorn, bei der Bergischen IHK zuständig für Aus- und Weiterbildung, weiß auch von Berufen, in denen dringend Auszubildende gesucht werden. Oberflächenbeschichter zum Beispiel. Der frühere Galvaniseur beschichtet etwa Chromteile im Auto - aber auch vieles andere, was man im Alltag in der Hand habe. Ausbildungsstellen seien auch für Fachlageristen frei,  „viele denken da an Kisten schleppen“, aber das sei nicht mehr der Fall. Die größen Lager liefen wie von Geisterhand, vieles sei IT-gesteuert. 

Bartl-Zorn sieht generell zwei Hindernisse auf dem Ausbildungsmarkt. Einerseits gebe es eben mit 324 staatlich anerkannten Ausbildungsberufen eine große Auswahl, die man als Schüler erst einmal überblicken müsse. Andererseits seien die Jugendliche auf bestimmte Berufe fokussiert – die Top10 der Agentur für Arbeit zeigt das deutlich. Die ersten Plätze sind Büro-, Industrie- oder Einzelhandelskaufmann, Verkäufer, Medizinischer Fachangestellter.

Kerstin Dette, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal, sagt: „Bewerber suchen, was sie kennen“. Sie rät, Praktika zu machen, Berufe kennenzulernen und zukunftsorientiert zu denken. Gerade im Handwerk seien die Aufstiegschancen viel besser geworden.  Arbeitgebern rät sie, auch über die Noten hinaus zu gucken, Bewerbern eine Chance zu geben, die auf den ersten Blick nicht so passend scheinen.

Eine Chance für Schüler, sich mit Handwerksberufen auseinanderzusetzen, gibt es am 30. Januar, wenn die Kreishandwerker in der Gesamtschule Katernberg in Wuppertal mit dem Programm „Schulbank trifft Werkbank“ zu Besuch sind und Berufe vorstellen.