Wuppertal Diese Frau ist durch und durch musikalisch

Hayat Chaoui lebt für den Gesang. Die Frau mit marokkanischen Wurzeln sagt: „Meine Integration verdanke ich dem Chor.“

Foto: Karl-Heinz Krauskopf

Wuppertal. Sie ist zierlich, klein — und voller Power. Hayat Chaouis Lachen ist kräftig, steckt an, ihre Stimme ist klar und hell. Chaoui singt, seit sie denken kann. Ihre Mission: Den gemeinsamen Gesang in den Dienst der Integration stellen, denn „Musik sollte zur Grundausstattung für alle gehören“. Dafür engagiert sich die Gesangspädagogin an der Bergischen Musikschule und privat. Das Einwanderungskind ist überzeugt: „Meine Integration verdanke ich dem Chor.“

Rückblick: In den 70er Jahren wandern ihre Eltern aus Marokko aus. Hayat wächst in Frankfurt am Main auf. Ihre Eltern, obwohl selbst nicht Akademiker, kümmern sich um die Bildung ihrer drei Kinder. Der Vater spricht Arabisch und Französisch, ist für Literatur und Musik offen. „Meine Eltern haben gesagt, dass Bildung das wichtigste Gut ist. Ein Gut, das einem keiner wegnehmen kann“, erinnert sich Hayat Chaoui dankbar. Bereits im Kindergarten wird viel gesungen. Mit der Folge, dass Hayat beschließt, Sängerin oder zumindest Künstlerin zu werden. Da trifft es sich gut, dass ihre gute Sopran-Stimme in der Grundschule auffällt und gefördert wird. Hayat lernt mit Begeisterung Blockflöte zu spielen.

Und während andere Migrantinnen aus ihrem Viertel mit 16 Jahren verheiratet werden, besucht die Deutsch-Marokkanerin das Goethe-Gymnasium, weil das einen musikalischen Schwerpunkt hat. Nach dem Abitur studiert sie Französisch und Englisch für das gymnasiale Lehramt in Mainz, nimmt Gesangsunterricht, lässt sich als Chorsängerin ausbilden und singt in einem Frauenquartett, das sie mit ihrer Schwester und einem befreundeten Schwesternpaar in der Schulzeit gebildet hatte.

Mit diesem Ensemble bewirbt sich die Mitte 20-Jährige bei „Jugend musiziert“ — und räumt auf allen Ebenen ab. Im Bundeswettbewerb sitzt Professorin Barbara Schlick in der Jury. Die Begegnung mit der Dozentin der Hochschule für Musik und Tanz Köln in Wuppertal ändert ihren Lebensweg. Sie schließt ihr Studium ab und kommt 2002 ins Bergische Land, wo sie 2010 in Wuppertal ein Diplom in Gesangspädagogik, ein künstlerisches Diplom und ein Konzertexamen erwirbt. Anschließend unterrichtet sie an der Hochschule, an der Musikschule in Bochum und an der Elberfelder Mädchenkurrende. Bis sie sich auf die Stelle der „Fachbetreuung Gesang“ an der Bergischen Musikschule bewirbt, wo sie seit dem Herbst 2013 arbeitet.

Auch hier nutzt die junge Frau den Gesang für interkulturelle Arbeit. Sie will Menschen erreichen, die nicht zur typischen Klientel der Musikschule gehören. Durch das Gesangsprojekt „Women of Wuppertal“(WOW), das gerade für seine zukunftsorientierte Bildungsarbeit ausgezeichnet wurde. Und mit dem Projekt „Kinder- und Wiegenlieder aus aller Welt“ (KIWI), das sie mit Karin Glowienka vom Stadtressort Zuwanderung und Integration 2015 startet.

Ein kostenfreies, unbürokratisches Angebot, das ohne musikalische Vorbildung auskommt und sich mehr an Eltern, will heißen Mütter, richtet. Hayat Chaoui: „Sie sollen auch zuhause, ruhig in ihrer Muttersprache, singen. Wir übersetzen das dann, bringen den Text in (Reim-)Form und vermitteln ihn den anderen.“ Die beiden Frauen wollen auf diese Weise Sprache und soziale Kontakte fördern.

Eine Idee, die ankommt — zumindest an den Standorten in Elberfeld (Alte Feuerwache, Familienzentrum Südstadt). In der Färberei Oberbarmen dagegen stellt man das Angebot wieder ein, weil die Eltern in diesem kinderreichen Stadtteil nicht kommen. In den Räumen der Musikschule in Vohwinkel gibt es aktuell eine neue Gruppe, außerdem überlegt Chaoui, im Bürgergebäude in Oberbarmen einzusteigen.

Privat singt die junge Frau am liebsten in französischer Sprache und tritt natürlich auch auf: mit der Jazz-Formation Ufermann (nächster Auftritt am 16. September in Ronsdorf), im Ensemble für Salonmusik O là là und im Oktett Achtung Vokal. Denn am liebsten singt sie „mehrstimmig und einzeln besetzt“.