Diskussion „Kritik entlädt sich im Internet rasant und beleidigend“
Wo steht der Journalismus? Experten diskutierten in der Citykirche über Entwicklungen in der Medienbranche.
Eine Diskussionsrunde zur Wahrnehmung des Journalismus – und das ausgerechnet an Weiberfastnacht? Ja, so Moderator Marcus Kiesel, denn feiern könne man, für Demokratie zu kämpfen hingegen sei eine Pflicht. So kam die namhaft besetzte Talk-Runde in der Elberfelder Citykirche, eingeladen vom Verein „die Politiksprecher“, gleich zu Grundsatzfragen der deutschen Medienlandschaft. Das Vertrauen in die klassischen Nachrichtenanbieter bestehe zwar, jedoch mehrten sich Stimmen, die Journalisten als Vertreter des „Staatsfunks“ oder der „Lügenpresse“ bezeichnen.
Der langjährige WDR-Korrespondent Horst Kläuser versicherte mit Bezug auf jene Vorwürfe zwinkernd, dass ihn nie Politiker anriefen, um die Themen des Tages zu diktieren. Er zeigte sich froh darüber, dass deutsche Medien eben nicht einander ähnlich seien, sondern das breite politische Spektrum abdeckten. WZ-Chefredakteur Lothar Leuschen sprang auf diesen Zug auf und unterstrich, dass die Presse sich nicht von denen vorantreiben lassen dürfe, „die am lautesten schreien“. Faire Diskussionen könnten nur oberhalb der Gürtellinie entstehen, wo er den Verantwortungsbereich des Journalismus als Gegenpol zum Internet sieht.
Hassnachrichten im
Netz als globale Gefahr
Damit stieß er ein polarisierendes Thema an. Dass das Netz in keiner Diskussion über journalistische Arbeit mehr wegzudenken ist, ist Fakt, doch wie sich dem stellen? Christian Trippe, Leiter der Osteuropa-Abteilung bei der Deutschen Welle, sieht in Hassnachrichten im Netz eine globale Gefahr, die den Austausch gefährde. Damit hatte er in der Citykirche Horst Kläuser auf seiner Seite, der den Bogen vom früheren Leserbrief – „Schreiben, Briefmarke bezahlen, zum Kasten laufen“ – zum anonym und schnell getippten Kommentar in den Sozialen Medien spannte. Dadurch entlade sich Kritik zu rasant und zu beleidigend.
Jörg Sadrozinski befand als Begründer der Tagesschau-Internetpräsenz, dass es wichtig sei, Themen einzubeziehen, die die Nutzer im Netz umtreiben. Der langjährige Leiter der Deutschen Journalistenschule sieht den Beruf des Reporters durch das Internet nicht gefährdet, gedruckte Zeitungen werden seiner Einschätzung nach zukünftig schlicht digital. Dadurch müsse sich aber der Inhalt nicht ändern.
Aufklärungsarbeit, das war Konsens, ist von großer Wichtigkeit für die Zukunft des Berufs. Wenn Kinder nicht mehr unterscheiden können, was seriöse Nachrichten sind und was nicht, sei es Aufgabe von Bildung und Erziehung, dem etwas entgegenzusetzen.
Am 12. März findet die nächste Ausgabe des Talks in der Citykirche statt. Dann wird eine Runde aus dem November fortgesetzt: Die Gäste werden Vertreter der Jugendorganisationen der großen Parteien in Wuppertal sowie von Fridays for Future sein.