Doppelt so viele Leiharbeiter wie 2009
Der Vorsitzende Guido Grüning spricht vom systematischen Einsatz von Leiharbeitern. Es gehe nicht mehr um nur um Engpässe.
Wuppertal. Das Thema Leiharbeit haben sich die Gewerkschaften ohnehin auf die Fahne geschrieben. Gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit gehört dementsprechend zu einer der Kernforderungen. Nun präsentiert der DGB entsprechenden Zahlen. Demnach hat sich die Zahl der Leiharbeitsverhältniss in Wuppertal während der vergangenen Jahre nahezu verdoppelt. So gab es im September 2009 (also in den Tiefen des Krisenjahres) noch 2346 Leiharbeitnehmer in Wuppertal, im September 2011 hingegen waren es bereits 4479. Das ist ein Anstieg von rund 90 Prozent.
Guido Grüning, Vorsitzender des DGB Wuppertal, hat nur eine Lesart dafür: „Reguläre Arbeitsplätze werden in Leiharbeitsverhältnisse umgewandelt.“ Grüning weiter: „Längst dient Leiharbeit nicht mehr nur dazu, personelle Engpässe zu überwinden. Mehr und mehr wird sie von einigen Betrieben systematisch eingesetzt, um mit den schlechten Leiharbeitslöhnen Geschäfte zu machen und die Stammbelegschaften in den Einsatzbetrieben unter Druck zu setzen. Der DGB-Vorsitzende zieht seine Rückschlüsse auch aus dem Umstand, dass die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe im gleichen Zeitraum sogar um knapp 260 Personen abgenommen hat.
Zwar habe sich in der Wuppertaler Wirtschaft die Zahl der sozialversicherten Jobs während der vergangenen zwei Jahre um mehr als 4700 auf gut 116 000 erhöht. Doch rund 45 Prozent dieser neu geschaffenen Arbeitsplätze entfallen dem DGB zufolge allein auf das Verleihgewerbe. Im Handel liege die Beschäftigung im September 2011 sogar noch unterhalb des Niveaus im September des Jahres 2009.
Grüning hebt zudem hervor, wie sich mit dem Boom der Leiharbeit schlecht bezahlte und instabile Beschäftigung in den Arbeitsmarkt „frisst“. Nach seiner Kenntnis wird etwa die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse bereits nach weniger als drei Monaten wieder beendet. Im Durchschnitt verdienten Leiharbeitskräfte lediglich gut die Hälfte dessen, was normale Beschäftigte verdienen, das seien mehr als 1000 Euro weniger pro Monat. Mit Ausweitung der Leiharbeit breite sich der Niedriglohnsektor aus, so Grüning. Eine Folge: Das sehr hohe Verarmungsrisiko von Leiharbeitskräften.
Thorsten Westhoff, Geschäftsführer von A!B!C!, das auch Personaldienstleistungen anbietet, hält es hingegen für normal, dass die Arbeitgeber variabel sein und bleiben wollen. Das sei auch eine Lehre aus der vergangenen Krise. Er stellt zudem in Frage, ob Leiharbeit für die Unternehmen wirklich so viel billiger sei. Denn die Zeitarbeitsfirma wolle ja schließlich auch Geld verdienen. Allerdings sei die Leiharbeit im Sinne der Arbeitgeber fair, da nur die Anwesenheit bezahlt werde.
Zu dem Umstand, dass viele Leiharbeiter ihre Beschäftigung schnell wieder los sind, sagt Westhoff, dass das tatsächlich gerade bei Jobs mit geringer Qualifikation zutreffe. Das liege aber keineswegs ausschließlich am Verhalten der Arbeitgeber, sondern eben auch an dem mancher Leiharbeiter.