Eduard von der Heydt: Ein Ehrenbürger im Zwielicht
Museum präsentiert neues Buch über den umstrittenen Sammler und Bankier Eduard von der Heydt.
Wuppertal. Schneidersitz in den Dünen. Der Mann auf dem Foto wirkt sympathisch, gelassen, lebensfroh. Jahrzehnte später sollte über diesen Eduard von der Heydt (1882—1964) eine heftige Kontroverse entstehen, weil man ihm vorwarf, er habe aktiv das Nazi-Regime unterstützt. Ein „Arbeitskreis Angreifbare Traditionspflege“ nahm 2002 das hundertjährige Bestehen des Von der Heydt-Museums zum Anlass, eine Umbenennung des Hauses zu fordern.
Über Jahre hielt die Diskussion an. Auch der Eduard von der Heydt-Preis der Stadt Wuppertal sollte nach Auffassung empörter Bürger einen anderen Namen erhalten. Selbst international bekannte Persönlichkeiten wie Elfriede Jelinek und Ralph Giordano schlossen sich der Forderung an. Der Ruf verhallte erst, nachdem die Stadt im August 2008 beschloss, ihren Preis in Von der Heydt-Kulturpreis umzubenennen. Immerhin hatte sich die Familie um Wuppertals Kulturleben verdient gemacht, mochte auch einer der von der Heydts im Zwielicht gestanden haben.
Bereits 2006, auf der Höhe des Streits, hatte sich ein Team um Eberhard Illner, damals Stadtarchivar in Köln und heute Leiter des Historischen Zentrums in Wuppertal, an eine Arbeit gemacht, die jeder Verurteilung des Eduard von der Heydt hätte vorausgehen müssen: an eine saubere Prüfung der verfügbaren Quellen. Das Ergebnis legen Illner und seine Co-Autoren Michael Wilde, Heike Ising-Alms und Esther Tisa Francini nun in einem opulent bebilderten Buch vor.
Schon das Titelbild verweist auf die Vielschichtigkeit des Bankiers und Sammlers. Es zeigt im Vordergrund die Bronze eines tanzenden Shiva, denn von der Heydt schätzte fremde Kulturen in keiner Weise geringer ein als die europäische, womit er Position gegen Deutschtümelei bezog.
Zweiter Bestandteil des Titelbildes ist ein Foto, auf dem von der Heydt im Durchgang zum mächtigen Tresor seiner Bank zu sehen ist. Die Bank wurde wenige Jahre später von Thyssen übernommen, von der Heydt war damit quasi Angestellter. In Loyalität zu seinem Arbeitgeber, sagt Illner, trat er 1933 der NSDAP bei, obwohl er lediglich rechtskonservativ und nicht radikal war. Schon bald habe er den Beitritt als Fehler erkannt, aber unter vielfältigem Druck keinen Weg zum Austritt gesehen.
Im Trubel des Jahres 2006 seien Briefe von der Heydts aus dem Zusammenhang gerissen worden. Eine Gesamtschau, wie das Autorenteam sie vorlegt, zeichnet ein viel differenzierteres Bild, das nur möglich wurde, indem die Autoren auf simple Kolportage verzichteten und Quellen einsahen, die bislang teilweise verschlossen waren.
Wer den Verflechtungen von der Heydts in das Sozialleben seiner Zeit nachspüre, fühle sich schnell wie in einem Krimi, sagt Illner. Der Mäzen, Bankier und Kunstsammler sei ein Meister der Auslassung gewesen, was die Recherchearbeit erschwert habe. Ein abschließendes Urteil möchten die Autoren des Buches nicht fällen. Sie wollen lediglich die Grundlage dafür schaffen, Eduard von der Heydt in der Gesamtheit seiner Person und seiner Beziehungen zu sehen. Dabei bleiben Teile der Biografie noch offen, darunter die Verbindungen nach China. Um auch sie auszuloten, seien chinesische Sprachkenntnisse erforderlich.