Ein Klassiker aus dem Kindergarten
Kolumnist Uwe Becker über die Entlassung Adolphe Binders.
Die Schulferien in Wuppertal beginnen mit der Entlassung von Adolphe Binder, der Intendantin des Wuppertaler Tanztheaters Pina Bausch. Die Gründe für die fristlose Kündigung wurden uns, dem Publikum und Steuerzahler, bis heute nicht detailliert mitgeteilt. Warum auch, die meisten Politiker nehmen, außer vor Wahlen, ihre Mitbürger eh nicht so richtig ernst. Vielleicht haben die Mitglieder des Beirats auch gedacht, wenn wir die gute Frau jetzt schnell rausschmeißen, dann ist nach der Sommerpause schon genug Gras über die Sache gewachsen, und viele Kritiker dieser Entscheidung haben sich längst wieder beruhigt.
Begrabt mein Herz
in Wuppertal
Wenn die Damen und Herren aber glauben, ich als großer Liebhaber des Tanzes würde in dieser Affäre nicht nachhaken, dann haben sie sich schwer geirrt. Ich habe nämlich schon jetzt auf meinem Kalender der AWG, meinem geliebten Müllkalender, am 28. August, dem letzten Tag der Schulferien, mit Rotstift notiert: „Wegen Entlassung A. Binder nachhaken, nicht locker lassen.“
Ich bin ja nicht nur ein großer Verehrer der Kunst des Wuppertaler Tanztheaters und Kolumnist meiner geliebten Heimatzeitung, sondern auch Chefredakteur des Wuppertaler Faktenmagazins Italien, welches nicht nur für seinen grenzwertigen Humor, sondern ebenso für seinen investigativen Journalismus weit über unsere Stadtgrenze hinaus bis nach Solingen und Remscheid geschätzt wird.
Was diese Provinzposse aber schon jetzt wieder einmal sehr deutlich zeigt: Politiker und von ihnen beauftragte Kulturverwalter sollten sich aus der Kunst möglichst heraushalten, weil sie davon noch weniger Ahnung haben als von allen anderen Dingen, mit denen sie sich in unserem Namen und Auftrag befassen dürfen.
Besonders enttäuscht bin ich vom Kulturdezernenten Nocke und vom Oberbürgermeister Mucke, beide Mitglied im Beirat des Tanztheaters. Ich kenne ja den Oberbürgermeister Andreas Mucke noch aus früheren Zeiten, wo er zusammen mit dem heutigen Sozialdezernenten Stefan Kühn als Kabarett-Duo „Don Promillo & Pepperoni“ mit frecher Zunge pfiffige Sozialkritik auf Kleinkunstbühnen des Bergischen Landes vortrug. Da hätte ich mir jetzt wirklich gewünscht, dass Mucke hier mal ganz energisch auf den Putz haut und mit einer lustigen Pointe alle zur Besonnenheit mahnt. Aber Pustekuchen.
Meiner Vermutung nach dient hier ein Klassiker aus dem Kindergarten als Vorbild für den Konflikt zwischen dem Geschäftsführer Dirk Hesse und der Intendantin Adolphe Binder: Dirk wollte nicht, dass Adolphe im Sandkasten auch mit seiner Gießkanne und den Förmchen spielt. Adolphe hatte zwar schöne Ideen für neue Sandburgen und „Kuchen“, aber Dirk war trotzig und petzte. Jetzt muss Adolphe den Kindergarten sofort verlassen, Dirk darf noch bis zum 31. Dezember 2018 spielen, wahrscheinlich, weil er vor Adolphe im Sandkasten saß.
Die beste Lösung wäre jetzt, wenn ich zeitnah die Geschäftsführung und die Intendanz beim Wuppertaler Tanztheater Pina Bausch übernehmen würde. Ich bin als gelernter Bürokaufmann mit dem Spiel der Zahlen bestens vertraut, komme gerade mit jungen Menschen sehr gut zurecht, liebe das Ballett — klassisch wie modern, bewege mich geschickt und ansehnlich in der Öffentlichkeit und den einen oder anderen Trick könnte ich den Tänzerinnen und Tänzern auch noch zeigen. Ich sage nur, wie es ist.