Jürgen Gerlach von der Uni Wuppertal über die Wuppertaler Daten im Unfallatlas „Ein Problem in Wuppertal ist das Gehwegparken“

Wuppertal · Jürgen Gerlach von der Bergischen Universität ordnet die Wuppertaler Zahlen im neuen Unfallatlas auf.

Fahrradfahrer sind in Wuppertal vor allem in den Sommermonaten gefährdet – eben dann, wenn auch mehr Radler unterwegs sind.

Foto: dpa-tmn/Marijan Murat

Erstmals liegen jetzt im Unfallatlas auch die Daten von Nordrhein-Westfalen vor. In einer Karte können Nutzer sehen, an welchen Stellen im Wuppertaler Stadtgebiet 2019 besonders viele Unfälle mit Personenschaden passierten. „Solche Daten benutzen wir, wenn es darum geht, einen Knotenpunkt umzugestalten“, erklärt Jürgen Gerlach, der sich als Professor der Bergischen Universität mit Straßenverkehrsplanung beschäftigt. Seine Fragestellung: Wie kann Straßengestaltung dazu beitragen, Unfälle zu verhindern?

Zwei Straßenabschnitte fallen im Unfallatlas für Wuppertal besonders ins Auge: Die B7 zwischen Robert-Daum-Platz und Treppenstraße sowie am Berliner Platz sind orange eingefärbt. Das bedeutet, dass es dort 2019 sechs bis neun Unfälle mit Personenschaden gab. Gelbe Routen mit drei bis zu fünf Unfällen sind fast alle Hauptverkehrsachsen. Auf erstaunlich vielen Straßen wurden Menschen bei Unfällen getötet: auf der Kaiserstraße, auf der L418, auf der Cronenberger Straße, auf der Friedrich-Engels-Allee, Winklerstraße, Eichenstraße, Freiligrathstraße und Solinger Straße. Laut Verkehrsbericht der Polizei starben viele davon aufgrund eigener Fehler: Ein Motorradfahrer, der zu schnell und wild fuhr, ein Senior auf einem Motorroller, der die Vorfahrt missachtete, zwei Fußgänger, die unvorsichtig die Straße überquerten, ein Taxifahrer, der ausstieg, ohne auf den Verkehr zu achten. Zweimal waren Autofahrer unachtsam und fuhren einen Radfahrer und eine Fußgängerin um. Bei einem Opfer ist die Ursache unklar.

Für Fahrradfahrer scheinen die Westkotter Straße, Vor der Beule und der Westring besonders gefährlich zu sein. Dort verunglückten jeweils zwei bis drei Radfahrer. Fußgänger sollten an der Düsseldorfer Straße kurz vor der Autobahn auf Höhe Am Schliepershäuschen und am Alten Markt besonders vorsichtig sein. Dort gab es jeweils drei bis acht Unfälle mit Fußgängerbeteiligung. Warum die Düsseldorfer Straße im Unfallatlas auftaucht, kann die Wuppertaler Polizei allerdings nicht nachvollziehen: „Nach unseren Bewertungsgrundlagen ist das kein Unfallhäufungspunkt“, sagt Polizeisprecher Jan Battenberg. Wie genau die Daten in den Unfallatlas gelangen, kann er auch nicht erklären. Zuständig sei die Wuppertaler Unfallkommission, die aber auch keine Daten direkt ans Land weitergibt. Offenbar werden die Daten vom Statistischen Bundesamt aus irgendwelchen Datenbanken abgesogen.

Junge Fahrer sind häufiger in
Unfälle verwickelt als ältere

„Ein Problem in Wuppertal ist das viele Gehwegparken, oft bis in die Kreuzung hinein“, erklärt Verkehrsexperte Jürgen Gerlach. Das gefährde besonders Kinder, weil sie dadurch unsichtbar für Autofahrer werden. Bei Unfällen zwischen Autos sei die Hauptursache das Abbiegen mit Gegenverkehr. Entgegen mancher Meinung seien alte Autofahrer dabei unauffällig, während Fahrer unter 25 Jahren besonders häufig in Unfälle verwickelt seien.

Lässt man sich die Zahl der Verkehrsunfälle nach Kalendertagen aufgeschlüsselt anzeigen, fällt als erstes ein Tag ins Auge, an dem deutlich mehr Unfälle unter Alkoholeinfluss passieren: der Vatertag (30. Mai 2019). Auch an den Adventssamstagen, in der Neujahrsnacht sowie an besonders lauen Wochenenden vor Beginn und nach Ende der Sommerferien haben offenbar viele Menschen zu tief ins Glas geschaut und anschließend Unfälle gebaut. Interessant ist, dass Unfälle unter Alkohol seit 2005 jedoch insgesamt stark zurückgegangen sind. Unfälle mit Fahrradbeteiligung finden naheliegenderweise vor allem im Sommerhalbjahr statt, vor allem an Wochentagen, besonders häufig im Juni. Motorradunfälle hingegen passieren hauptsächlich am Wochenende, Pkw-Unfälle eher wochentags.

Die Zahl der Verkehrstoten und der verunglückten Kinder ist seit 2005 stark gesunken. „Allerdings sind viele von denen, die früher getötet wurden, heute aufgrund des technischen Fortschritts schwer verletzt“, gibt Jürgen Gerlach zu bedenken. Kinder sind im Juni besonders gefährdet und wochentags mehr als am Wochenende. Grundsätzlich hingegen verunglücken Fußgänger eher in der dunklen Jahreszeit, etwa an den Freitagen im Dezember.