Wuppertal Ein Prototyp für Wuppertal: Pläne für Aldi-Kita-Kombibau
Der Discounter will an der Briller Straße erweitern, die Stadt ihre Kita vergrößern: Baukonzept geht in die Politik.
Aldi will seinen Markt an der Briller Straße erweitern. Die Stadt will ihre Kita in der Nachbarschaft an der Bayreuther Straße vergrößern. Zwei Pläne, die möglicherweise einer werden. Denn die Verwaltung hat den politischen Gremien jetzt genau das vorgelegt: Den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan, der die „Neugestaltung des Aldi-Lebensmittelmarktes mit Integration einer Kindertagesstätte“ vorsieht. Konkret bedeutet das: Der Discounter-Riese reißt seinen bestehenden Markt ab, erweitert seine Fläche in Richtung des aktuellen Kita-Baus, der ebenfalls verschwinden wird, und baut neu — ein Gebäude für Markt und Kita. Vorteil aus Sicht der Stadt: Der Konzern übernimmt die Kosten für Planung und Umsetzung.
In anderen Städten gibt es bereits ähnliche Kombi-Nutzungen
Dass die Discounter und Supermärkte längst Alternativen zu ihrem klassischen Flachbau-Konzept suchen, ist bekannt. Nachverdichtung spielt eine immer größere Rolle. „Der Grundstücksmangel führt an vielen Orten zu einem effizienteren Umgang mit Grund und Boden und auch zu einigen innovativen Ansätzen“, hieß es im Januar auf WZ-Anfrage beim Landesbauministerium. In Köln zieht zum Beispiel ein Supermarkt in einen leerstehenden Flachbau, auf den Wohnungen gesattelt werden.
In Wuppertal sind solche Ideen bislang aber noch selten. Die konkrete Kooperation zwischen Stadt und Discounter mit einem Baukörper ist eine Premiere. Baudezernent Frank Meyer spricht von einem „Prototypen“. Möglicherweise könnten weitere ähnliche Projekte folgen. Wohnungen, Parkhäuser, Büros in Verbindung mit einem Supermarkt-Bau — Meyer könnte sich einiges vorstellen.
Gespräche zwischen Aldi und der Stadt gebe es schon länger. Dass Bauflächen gesucht werden, sei kein Geheimnis. Die Flachbauten der Discounter fielen da natürlich in den Blick. „Flächen, die wir im Innenbereich der Stadt bebauen können, brauchen wir nicht in den Außenbereichen.“
Kompromiss: Außenfläche der Kita würde kleiner werden
Grundsätzlich werde durch Supermärkte „viel Fläche in der Stadt verschenkt“, sagt Michael Müller (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses. Ein Problem sei zum Beispiel, dass die Parkplätze praktisch immer oberirdisch angelegt werden. Bei Wohnungen über einem Discounter falle allerdings als Nachteil ins Gewicht, „dass dort ja immer Bewegung ist, etwa durch den Lieferverkehr“. Grundsätzlich seien Konzepte wie das für die Briller Straße „aber eine gute Idee“. In diesem Fall müsste aber vor allem die verkehrliche Situation geprüft werden. Laut städtischer Planung ist vorgesehen, dass die Zufahrt zum Aldi-Parkplatz weiterhin über die Briller Straße erfolgen soll, die zur Kita über die Bayreuther Straße bzw. über die dort vorhandene Privatstraße.
Müller verhehlt allerdings auch nicht, dass nicht nur die Stadt einen Vorteil durch den Kombi-Bau hat. Aldi will erweitern, von aktuell 800 auf 1200 Quadratmeter. Das kommunale Einzelhandels- und Zentrenkonzept, auf das sich die Verwaltung in solchen Fällen gerne beruft, sieht aber vor, dass Märkte mit mehr als 800 Quadratmetern nur noch in den sogenannten zentralen Versorgungslagen entstehen dürfen. Dabei handelt es sich in der Regel um die City-Bereiche und Zentren der Stadtbezirke. Das ist die Briller Straße nicht. Laut Vorlage sei die Erweiterung „nur ausnahmsweise möglich, wenn nachgewiesen wird, dass negative Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche nicht befürchtet werden müssen“. Aldi würde den Bau, so klingt es jedenfalls, aber nur übernehmen, wenn die Erweiterung auf 1200 Quadratmeter genehmigt würde. Eine Stellungnahme des Konzerns gab es auf WZ-Anfrage nicht.
Frank Meyer betont allerdings: „Wir werden und dürfen uns das Handeln nach Recht und Gesetz nicht abkaufen lassen. Aber dort, wo ein Kompromiss möglich und juristisch zulässig, greifen wir solche Initiativen gerne auf.“ Wobei anzumerken ist, dass die Stadt in der Vergangenheit schon an diversen Standorten die Erweiterung von Discountern verhindern wollte — vor Gericht allerdings den Kürzeren zog.
Einen ganz anderen Kritikpunkt sieht dagegen Bezirksbürgermeisterin Ingelore Ockel (CDU). Für sie sei nicht nachvollziehbar, dass die Kita von zwei auf fünf Gruppen vergrößert — die Außen-/Freifläche der Einrichtung aber aufgrund des Aldi-Baus verkleinert werden soll. „Da gibt es noch Klärungsbedarf.“ Allerdings sei das Planverfahren noch ganz am Anfang.
Frank Meyer spricht von einem Zielkonflikt. Man wolle und müsse nun einmal auch Kitas im baulich verdichteten Bereich erweitern. Dass die Außenfläche in diesem Fall kleiner werde, sei richtig. „Aber es ist ein Kompromiss, mit dem wir leben können.“ Juristisch gesehen seien Außenflächen für Kitas ohnehin nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Nichtsdestotrotz versuche die Stadt, diese natürlich zu erhalten.