„Ein Spätwerk muss nichts Altes sein“

Die Von der Heydt-Kunsthalle zeigt ab Sonntag eine Retrospektive zum Werk von Clifford Holmhead Phillips.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Am Sonntagvormittag lädt die „Von der Heydt-Kunsthalle“ zur Eröffnung einer ungewöhnlichen Ausstellung ein: „Vorher haben wir hier viele junge, angesagte Künstler vorgestellt. Mit der Retrospektive zum Werk des amerikanischen Malers Clifford Holmhead Phillips(1889 - 1975) möchten wir jetzt aber zur Wiederentdeckung eines außergewöhnlichen Künstlers beitragen, der seit mehr als 40 Jahren tot ist. Er selbst bezeichnete seinen Stil als ,Crude Expressionism’, eigenwillig, rau und voller Emotionen. Uns haben seine Köpfe, seine Porträts, am besten gefallen“, erklärt Dr. Beate Eickhoff, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Von der Heydt-Museum.

87 Bilder des Künstlers, der in Pennsylvania geboren wurde, aber Zeit seines Lebens zwischen seiner Heimat und Europa hin und her pendelte, werden in der Kunsthalle gezeigt. „Seine ganze Entwicklung können wir nicht darstellen, zeigen überwiegend seine Charakterköpfe. Er hat sie gemalt, als er schon 80 Jahre alt war, aber sie sind seine frischeste Kunst und der Beweis, dass ein Spätwerk nichts Altes sein muss“, sagt Eickhoff.

Mit diesen, mit wenigen Pinselstrichen entworfenen Charakterköpfen, beginnt die spannende Ausstellung auch. Da ist beispielsweise ein „Männerkopf mit Brille“, ein „Fleischer“ oder auch ein „Rothaariger Gassenjunge“ zu sehen. Es sind keine Karikaturen, obgleich sie viel Humoristisches und immer etwas Charakteristisches zeigen. „In den 70er Jahren als sie entstanden, da wurden sie nicht unbedingt verstanden“, vermutet die Expertin, die auch für die ungewöhnliche Biografie des Autodidakten, der in kein Schema passte, eine halbe Wand in der Ausstellung reserviert hat.

Im Jahre 1912, hatte sich der junge Mann als 23jähriger eine Schiffskarte für die Überfahrt auf dem Schwesternschiff der Titanic gekauft. Nach einer Tour durch Museen und Galerien in Europa beschloss er, nach Amerika zurückzukehren und Künstler zu werden. Sein Werk trägt Züge amerikanischer Tradition wie auch der europäischen Moderne. Er begann mit der „Freiluftmalerei“, fasziniert von der Idylle seines weiten Landes. „Er reiste viel, hatte Ende der 20er Jahre in Europa große Ausstellungen, zeigte seine Reise- und Stadtansichten“, sagte Beater Eickhoff mit Blick auf Bilder, die den „Vorstadtbahnhof Paris“ oder ein „Viadukt in München“ zeigen. Und immer ein bisschen Melancholie ausstrahlen.

Später kommen biblische Themen dazu: „Das menschliche Drama in den 40er Jahre hat ihn dazu gebracht.“ Sesshaft wurde der Maler, der seine Bilder nur mit „Holmead“, dem Mädchennamen seiner Großmutter signierte, schließlich in Brügge. Seine Köpfe zeichnete er aus der Erinnerung, übersetzte sie dann in Spachteltechnik. Nur eins dieser Porträts zeigte eine bekannte Persönlichkeit, alle anderen sind Menschen, die ihm irgendwann begegnet sind. Wie beispielsweise „Der schwarze Mann mit dem weißen Shirt“, der Priester oder das Mädchen mit blondem Haar . Während diese Porträts im ersten Raum hängen, sind in einem weiteren Raum Bilder zu sehen, die zwei oder drei Köpfe zeigen. „Die alte und die junge Dame“, die „Drei Mädchen“ oder „Vater und Sohn“ sind sie überschrieben. Auch religiösen Themen hat sich Holmead gewidmet: Der heilige St. Martin ist da in Öl auf Leinwand zu sehen, die Kreuzigung und ein Prediger.

„Sein Dilemma war, dass er für die Amerikaner nicht amerikanisch genug und für die Europäer nicht europäisch genug war“, so das Fazit von Beate Eickhoff.