Ein Tag — eine Stadt — ein Film

Das Medienprojekt hatte alle Wuppertaler aufgerufen, ihren persönlichen Freitag, 29. Juni, zu filmen. Ein erster Blick aufs Material zeigt: Die Aktion war ein Erfolg.

Wuppertal. „Ach guck mal, der ist doch in meiner Stufe!“ Torben A. (17) ist überrascht. Gerade will er sein eigenes filmisches Material, gedreht unter anderem beim Drachenbootrennen auf dem Beyenburger Stausee, beim Medienprojekt abgeben, da entdeckt er seinen Mitschüler auf Norbert Weinrowskys PC-Monitor im Filmmaterial eines anderen Wuppertalers. Es wird wohl viele solche Wiedererkennungs-Effekte geben, wenn das Medienprojekt aus ihrer jüngsten Aktion einen Film gemacht hat. Denn dieses Mal haben nicht nur die Experten vom Medienprojekt, sondern die Wuppertaler selbst ihre Stadt zum Dokumentations-Gegenstand gemacht.

Rund 100 Wuppertaler sind dem Aufruf des Medienprojekts gefolgt und haben mit eigenen oder geliehenen Kameras am 29. Juni ihre Stadt gefilmt. Mit dem Handy, der Mini-DV oder der HD-Profikamera wurde Alltägliches und Besonderes dokumentiert — mancher nahm sich selbst, mancher Dritte ins Visier. Für die Initiatoren ist dabei eines nicht zu befürchten: Banalität.

„Dass auch der Alltag für die, deren Alltag es nicht ist, etwas Besonderes ist, ist den meisten gar nicht klar“, so Projektbetreuer Norbert Weinrowsky. Natürlich wiederholt sich manches auch, wie zum Beispiel Aufnahmen vom ersten Morgenkaffee. Aber die Spannbreite der Motive ist dennoch groß. Bislang hat das Medienprojekt das Material von etwa 50 Teilnehmern vorliegen. Darunter sind Aufnahmen zwischen 40 Sekunden und zwei Stunden Länge — insgesamt rund 100 Stunden Wuppertal.

Die beteiligten Filmemacher waren zwischen vier und 84 Jahren alt — und was sie abgegeben haben, umfasste buchstäblich alle Stationen des Lebens. Eine Geburt von Zwillingen war ebenso unter den Beiträgen wie eine Leichenwaschung. Gefilmt wurden Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen, einfache Bürger ebenso wie der Oberbürgermeister beim Repräsentationstermin. Es finden sich Feiernde, die im Morgengrauen aus dem U-Club kommen neben Aufnahmen aus finsterer Nacht.

Ebenso vielfältig sind Qualität und Anspruch der Beiträge — schließlich haben auch viele Menschen mitgemacht, die zuvor noch nie eine Kamera in der Hand hatten. Ein Sonderthema war: „Was liebst du? Was hasst du?“Auch das wurde ganz unterschiedlich gelöst — etwa über ein Interview mit einem Insassen des Ronsdorfer Jugendgefängnisses. Der schilderte durchaus eindrucksvoll, dass er die Unterstützung durch seine Familie liebe, während er es hasse, proviziert zu werden. Ein anderer Ansatz: Gefilmte Gegenstände, auf denen Zettel kleben mit Sätzen wie „gefällt mir“ oder „liebe ich“.

Aus all dieser Materialfülle soll ein halb dokumentarischer, halb experimenteller Film von etwa einer Stunde Länge werden. Uraufgeführt wird er bei der Feier zum 20-jährigen Bestehen des Medienprojekts am 27. Oktober im Mirker Bahnhof.

„Das schwerste wird, einen Punkt zu finden, an dem man sagt, jetzt ist es fertig“, meint Weinrowsky über diesen Tag aus mehr als hundert Blickwinkeln — denn so mancher hat seine Kamera zwischendurch auch noch seiner Tochter in die Hand gedrückt, dem Kollegen, der Freundin. Weinrowsky: „Der Masse der Bilder Herr zu werden, ist keine leichte Aufgabe.“ Man darf umso gespannter sein, wie sie am Ende aussieht — diese intensive Stunde voller Wuppertaler Leben.