Bürger-Daten: Stadt nimmt damit 500.000 Euro pro Jahr ein

Jährlich gibt die Stadt etwa 140.000 Datensätze der Wuppertaler weiter. Das ist bereits gesetzlich geregelt.

Wuppertal. Die Diskussion um das neue Meldegesetz nimmt an Schärfe zu. Sollte das Gesetz in Kraft treten, dürfte die Stadt Wuppertal die Adressen ihrer Bürger an Adresshändler und Werbefirmen verkaufen, sofern der Einwohner nicht ausdrücklich widerspricht. Aber: Schon heute gibt die Stadt die Adressen der Wuppertaler an Rechtsanwälte, Versandhäuser, Online-Händler und andere Unternehmen weiter.

Stadtsprecherin Martina Eckermann bestätigte am Montag, dass das Einwohnermeldamt im vergangenen Jahr etwa 140.000 Auskünfte über die Bürger der Stadt erteilt hat. Damit wurden zirka 500.000 Euro eingenommen. Das ist nicht ganz neu; bereits 2008 hatte die WZ unter dem Titel „Der gläserne Wuppertaler: Stadt gibt Daten raus und Google knipst“ von diesem Verfahren berichtet. Damals hatten viele Bürger das Verhalten der Stadt vehement kritisiert — es entspricht jedoch dem Meldegesetz.

Laut Eckermann verlangt die Stadt für jede Auskunft sieben Euro, wobei Auskünfte an andere Behörden kostenfrei sind. Die offizielle Lesart ist, dass die Daten zwar nicht verkauft, jedoch herausgegeben werden.

Die Stadt prüft laut Eckermann aber nicht, was später mit den angefragten Adressen geschieht. „Für das Handeln von Dritten sind wir nicht verantwortlich“, stellt Eckermann klar.

Zudem gibt es auch noch die erweiterte Auskunft — die nur bei einem sogenannten berechtigen Interesse erteilt wird. Dieses berechtigte Interesse könne beispielsweise sein, dass ein Wuppertaler Schulden bei einem Händler hat, der wiederum die frühere Adresse des Schuldners sucht. Für zehn Euro werden Daten wie Familienstand, Geburtsdatum, Geschlecht, frühere Adresse und auch frühere Familiennamen mitgeteilt.

Für Werbezwecke hat die Stadt bisher keine Daten ihrer Einwohner preisgegeben. Daher prüft die Stadt, ob die Anfragen plausibel sind. Gleichwohl räumt Eckermann ein, dass ein kommerzieller Datensammler natürlich nicht zu erkennen gebe, sofern er die Daten für kommerzielle Zwecke verwenden wolle.

Kritik an der Stadt und ihrem Verhalten weist Eckermann zurück. Sie sagt: „Es ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, dass wir die Daten bei berechtigtem Interesse herausgeben.“ Keine Auskunft gibt es vom Wuppertaler Einwohnermeldeamt indes auf alle Sammelanfragen. Also etwa: Wir hätten gerne die Namen aller 20-Jährigen in Barmen. Dies könnte möglich sein, wenn das neue Meldegesetz in Kraft tritt.

Eine Gefahr sieht Eckermann darin jedoch nicht. „Es ist doch gar nicht wirtschaftlich interessant, bei uns Daten für Werbezwecke zu sammeln, da kann jeder professionelle Adresshändler bessere Datensätze liefern“, sagt Eckermann. Zudem sei es wirtschaftlich nicht rentabel. „Bei einer Sammelanfrage für beispielsweise 100.000 Datensätze müsste das Unternehmen 700.000 Euro zahlen, das rechnet sich doch nicht.“

Ihre Einschätzung: Die Bürger geben bei Facebook, Preisrätseln, und durch das Zahlen mit Payback-Karten und Kreditkarten so viele Daten preis — das sei viel gefährlicher als die Daten im Einwohnermeldeamt.