Eingelocht: Minigolf-Partie als Protestaktion
Auf der Sternstraße protestierten Gewerkschafter am Montag gegen Sparkurse. Und während Passanten die Bälle um Schikanen herum einlochten, wurde auf der ehemaligen Verlobungsstraße deutlich, dass es um die Ehe zwischen Bund, Ländern und Städten auch bei der Infrastruktur alles andere als gut steht.
Wuppertal. Daniel Kolle, Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Wuppertal, war am Montagmittag nur per Handy zu erreichen - im Baumarkt. Dort war er auf der Suche nach Schaumstoffröhren, mit denen sich Heizungsrohre isolieren lassen. Kolle ging es allerdings nicht um Heimwerker-Arbeiten vor dem Winter, sondern um die desolaten Stadtfinanzen in Wuppertal und anderswo.
Des Rätsels Lösung war wenig später auf der Sternstraße nahe der B 7 zu finden: Dort installierten Gewerkschafter unter Zuhilfenahme besagter Baumarktware einen Schlagloch-Minigolf-Parcours, um die "falsche Sparpolitik in Kommunen und Ländern zu Lasten der öffentlichen Haushalte" anzuprangern.
Dass stattliche Schlaglöcher wie die auf der Sternstraße längst nicht nur ein Wuppertaler Handicap sind, ist kein Geheimnis - dennoch zeigte man sich beim Verkehrsressort der Stadt am Montagmittag überrascht: Uwe Seidel, bei der Stadtverwaltung unter anderem für die vielen maroden Straßen und einen Sanierungsstau von mittlerweile gut 130 Millionen Euro allein in Wuppertal zuständig, erfuhr erst per WZ-Nachfrage vom Gewerkschafts-Turnier.
Das war zunächst eigentlich auf der Nützenberger Straße geplant. Dem machte allerdings eine Fahrbahn-Instandsetzung einen ebenso dicken wie asphaltschwarzen Strich durch die Rechnung. So fiel die Wahl schließlich auf die Sternstraße.
Die war einst übrigens als Verlobungsstraße im Wuppertaler Adressbuch verzeichnet, bevor man 1858 im damals aufstrebenden Wuppertal noch nach den Sternen griff und die Straße nahe der Immanuelskirche kurzerhand umbenannte.
Am Montagnachmittag ging dort eine Kradstreife der Polizei in Stellung, um den Minigolf spielenden Demonstranten über Schlaglöcher fluchende Autofahrer zu ersparen. "Die Straßen hier sind doch eine Katastrophe", sagte eine Passantin im Vorbeigehen und zeigte sich spontan hilfsbereit: "Ich schicke Ihnen gleich mal meinen Enkel vorbei, der spielt gerne Golf."
Und während die Bälle um Schikanen herum eingelocht wurden - im Weg lagen unter anderem Sparpakete - wurde auf der ehemaligen Verlobungsstraße deutlich, dass es um die Ehe zwischen Bund, Ländern und Städten auch bei der Infrastruktur alles andere als gut steht: Der Verfall lässt selbst schlimmste Ehekrisen zu Komödien werden, bei denen am Montag nicht nur den Gewerkschaftern das Lachen im Halse stecken blieb. Hin und wieder zumindest.