Stadthistorie Erinnerungen an die Bergische Sonne

Special | Lichtscheid · Der Abriss des „Lost Place“ steht kurz bevor. Was verbinden die WZ-Leser noch mit dem einstigen Spaßbad?

Das ehemalige Freizeitbad Bergische Sonne aus der Luft. Bis Mitte 2021 soll es abgerissen werden.

Foto: Tim Oelbermann

Der Rutschenturm steht noch - nur ohne Rutsche. „Wer da runter will, wird hart landen“, sagt Rolf Volmerig, Chef der Städtischen Wirtschaftsförderung, beim Blick auf die Ruine der Bergischen Sonne. Die Vorarbeiten laufen, Mitte 2021 soll das Spaßbad endgültig verschwunden sein. Stattdessen soll auf dem 20 000 Quadratmeter großen Areal der Smart Tec Campus seine Heimat finden. Die Erinnerungen vieler Wuppertaler an das ehemalige Spaßbad auf Lichtscheid werden bleiben.

Tim Oelbermann hat zum Beispiel in der Bergischen Sonne Mitte der 1990er Jahre Schwimmen gelernt. „Im Wellenbecken“, erinnert er sich und schmunzelt. „Für den Unterricht wurden die Wellen natürlich ausgestellt.“ Vor allem für Kinder „war es das schönste Bad überhaupt“. Anders als anderswo habe es auf Lichtscheid nämlich nicht die rutschigen Fliesen wie in vielen Bädern gegeben.

Über die Jahre war er regelmäßig dort zu Gast - und bekam den Verfall mit. Zum letzten offiziellen Öffnungstag des Bads 2012 fuhr er auch noch einmal hin. Massiv runtergekommen sei es damals schon gewesen. Teile der Umkleiden waren gesperrt, weil es von der Decke tropfte - und massiv teuer war es auch, so Oelbermann. „Es war traurig, was aus dem einst so schönen Spaßbad geworden ist.“

Anfang der 1990er Jahre, als die Bergische Sonne eröffnet wurde, war das Spaßbad der letzte Schrei - und ein Erfolgsmodell. Mit dem Mix aus Baden und Saunalandschaft lockte es  noch viele Besucher auch aus den Nachbarstädten nach Wuppertal. Doch mit mehreren Eigentümer- und Betreiberwechseln begann in den 2000er Jahren eine wechselvolle Geschichte - die letztendlich zum Aus führte.

Die Konkurrenz in der Region wuchs. In das Bad auf Lichtscheid, so sagen kritische Stimmen, wurde nicht mehr groß investiert, das Konzept passte nicht mehr. Auch die Tatsache, dass nie ein richtiges Schwimmbecken zum Inventar gehörte, rächte sich. Zwischenzeitlich, so ist als Anekdote überliefert, kappten die Stadtwerke sogar mal für einen Tag den Strom, weil die Rechnungen nicht bezahlt wurden.

Aus dem Bad sollte eigentlich ein Hotel werden

Auch ein letztes Aufbäumen half nicht mehr. Im Sommer 2012 schlossen die damaligen Eigentümer – eine Gruppe aus Düsseldorf – endgültig die Tür. Die Bergische Sonne war zuletzt auch nur noch als Sauna betrieben worden. Das Ziel schon damals: Aus dem Bad sollte ein Hotel werden. Doch als ein Investor absprang, verkauften die Besitzer an die Finader GmbH - allerdings nur die Hälfte rechts von der Auffahrt, wo das eigentliche Bad steht. Die anderen 20 000 Quadratmeter erwarb die Barmer GEK und richtete dort Parkplätze ein.

Zumindest ein Teil, eine etwas tiefer liegende Fläche, die von oben kaum auffällt, ist momentan noch ungenutzt. „Sie war mal für die Reisebusse gedacht“, erklärt Volmerig und erinnert daran, dass die Macher der Bergischen Sonne Publikum auf der ganzen Region im Blick hatten - vergeblich. So ganz, räumt der Chef der Wirtschaftsförderung ein, habe die Stadt die 20 000 Quadratmeter Fläche  noch nicht aus den Augen verloren. Die Krankenkasse hatte zwar gegenüber der WZ stets betont, die Parkplätze auf jeden Fall zu benötigen. Vielleicht gehe in Zukunft aber noch etwas, sagt Volmerig. Zunächst konzentriere man sich aber auf die Entwicklung des Smart Tec Campus auf dem eigenen Areal, dem ehemaligen Besitz der Finader GmbH.

Der Rutschenturm war ein Höhepunkt für die Besucher der Bergischen Sonne - er ist zum Teil schon verschwunden.

Foto: nn

Deren Eigentümerin, eine Russin, kam mit ihren Plänen für die Bergische Sonne nämlich auch nicht weiter. Gemunkelt wurde, dass ein Grund auch die Finanzkrise im Heimatland gewesen sei. Das leerstehende Spaßbad wurde fortan vor allem Pilgerstätte von ungebetenen Gäste und „Lost Places“-Fotografen trotz Sicherheitsdienstes. Mehrfach brannte es. Nächtliche Partys liefen aus dem Ruder.

Ideen für eine Reaktivierung gab es viele - vom Gastrobetrieb über Festsaal und Wellness-Oase bis hin, nicht ganz ernst gemeint, Swinger-Club. 2018 schließlich kaufte die Stadt Wuppertal das Spaßbad von der Finader - mit dem klaren Ziel, das Gebäude abzureißen, um dort einen Smarttec-Campus anzusiedeln. Ein Bad mit der Stadt als Betreiber habe aber nie zur Diskussion gestanden, hatte schon im vergangenen Jahr Kämmerer Johannes Slawig gegenüber der WZ erklärt. Mit dem Kauf wolle man die Entwicklung selbst steuern, hieß es immer wieder. Dafür nehme man die Stadt auch in Kauf, dass man am Ende draufzahlen wird.