Erneuerbare Energien: Wuppertaler Stadtwerke erfinden Strommarkt neu
Ab sofort können Kunden der Wuppertaler Stadtwerke die Quelle der Energie aus der Steckdose selbst bestimmen. Das Verfahren ist eine Weltneuheit.
Wuppertal. Kunden der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) können ihre Stromlieferanten ab sofort selbst bestimmen. In einer Kooperation mit dem Schweizer Ökostrom-Unternehmen Axpo hat der kommunale Energieversorger eine Plattform entwickelt, die vollständige Transparenz zwischen Kunden und Lieferanten erzeugen können. Sie heißt Tal.Markt und ist tatsächlich wie ein Marktplatz gedacht.
„Die Menschen im Bergischen Land neigen ja eher zur Zurückhaltung und sprechen nicht so offen über das, was sie alles können. Aber in diesem Fall wollen wir die Zurückhaltung einmal aufgeben. Was wir hier machen, ist eine Revolution“, sagte der Vorstandsvorsitzende der WSW, Andreas Feicht.
Diese Revolution funktioniert im Grunde wie der Gemüsekauf auf dem Wochenmarkt. Der Kunde vergleicht, wägt ab und wählt aus. Nur dass es hier nicht um Weißkohl und Salat geht, sondern um Strom aus Sonne, Wasser und Wind. Im Angebot auf dem Tal.Markt sind ausschließlich erneuerbare Energien. Welchen Anteil davon der Verbraucher in seinem Stromnetz haben will, bestimmt er selbst, und zwar wann immer er will. Er kann die Mischung täglich wechseln oder auch für einen längeren Zeitraum beibehalten.
Wer am Markt teilnehmen will, wird von den Stadtwerken mit einem Messgerät ausgestattet. Es ermittelt in einem 15-minütigen Rhythmus den Stromverbrauch im Haushalt des Kunden und übermittelt die Daten sowohl an die Stadtwerke als auch an einen Computer. Damit weiß der Verbraucher immer, wann er wie viel Energie benötigt, und die Stadtwerke berechnen sofort nur noch die Energiemenge, die auch tatsächlich abgefordert worden ist. „Die monatliche Abschlagszahlung entfällt.“
Die Idee der Stadtwerke ist, einen umweltfreundlichen, regionalen Energiemarkt zu erzeugen. Die Teilnahme ist zunächst für alle Wuppertaler offen. Aber Grenzen setzten sich die WSW nicht. „Wir wollen damit nach außen gehen“, sagt Feicht. Als Fläche für den Marktplatz sieht er den Großraum Wuppertal bis ganz Nordrhein-Westfalen, auch wenn die Wuppertaler damit anderen Stadtwerken Konkurrenz machen.
Als Stromquellen für den Tal.Markt fungieren derzeit erst sechs Quellen, darunter die Talsperren der WSW, das Windrad einer Bürgerinitiative und eine von Bürgern betriebene Photovoltaikanlage. Grundsätzlich könne jeder Energieerzeuger mitmachen, auch wenn er nur ein paar Photovoltaik-Paneelen auf dem Dach seines Hauses hat.
Dadurch sei der Markt nicht nur für Kunden interessant, die sich vollständige Transparenz über die Herkunft ihres Ökostromes wünschen und durch geschicktes Agieren vielleicht ein paar Euro sparen wollen. „Er nützt auch Betreibern von Anlagen, die ab dem Jahr 2020 aus der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz herausfallen“, erklärt Feicht. Statt ihre Anlagen abzuschalten, könnten sie versuchen, sich im Direktvertrieb durchzusetzen.
In die Entwicklung des neuen Vertriebskanals haben die Stadtwerke nach eigenen Angaben 80 000 Euro investiert.