Fabio Martino lässt keine Wünsche offen
Sinfonieorchester unter schwedischem Gastdirigenten Tobias Ringborg mit spätromantischem Programm.
Wer neugierig war, jenseits von Anton Bruckner, Gustav Mahler und Co. auch einmal nicht oft zu hörende spätromantische Musik zu genießen, kam beim fünften städtischen Sinfoniekonzert voll auf seine Kosten. Der Große Saal der Stadthalle mit seiner berühmten Akustik war der passende Ort dafür, ist er doch für solche Musik in dieser Epoche gebaut worden.
Und das Sinfonieorchester Wuppertal sorgte in diesem Ambiente für eine erstklassige Präsentation. Nicht allgemein geläufig ist in Deutschland der Name Carl Wilhelm Eugen Stenhammar, ganz im Gegensatz zur skandinavischen Region, wo der schwedische Komponist, Pianist und Dirigent schöne Werke schrieb. Zu seinen Lebzeiten war er hoch geachtet und mit vielen berühmten Kollegen befreundet.
Ein Beispiel für seine frühe Phase, die unter den Einflüssen Bruckners und Richard Wagners stand, ist seine Konzertouvertüre „Excelsior!“. Gleich bei diesem ersten Stück des Konzerts stellte sich Tobias Ringborg aus Schweden als versierter Dirigent vor. Umsicht und Präzision waren wesentliche Merkmale seiner Stabführung. Er entlockte dem städtischen Klangkörper selbst in lauten Abschnitten außerordentlich nuancierte Klangbilder. So geriet dieses ausladend-klangmächtige Opus 13 zu einem großen Hörgenuss.
Und Erich Wolfgang Korngold aus Österreich, später US-amerikanischer Staatsbürger? Er hat in Hollywood tolle Filmmusiken geschrieben und war deswegen damals ein Star. Weniger bekannt sind seine klassischen Werke. Daran ist leider die Zeit des nationalsozialistischen Regimes Schuld, das ihn und seine Musik verfemte, weil er jüdischer Herkunft war.
Auch nach 1945 wurde er auf diesem Gebiet nicht so richtig akzeptiert, da er für sich die modernen Musiksprachen ablehnte. Er blieb seinem vor 1933 entwickelten spätromantischen Stil treu, so wie in seiner 1954 uraufgeführten einzigen Sinfonie in Fis. Erst ab etwa der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts erlebt sein Oeuvre allmählich die ihm gebührende Anerkennung. Doch noch vor etwa zehn Jahren schrieb ein Journalist in der britischen Wochenzeitschrift „The Spectator“, dass es nach einer konzertanten Aufführung von Korngolds Oper „Das Wunder der Heliane“ verständlich sei, was das Dritte Reich mit „Entartete Musik“ meinte. So fest eingemauert haben damals die deutschen Nationalsozialisten ihre Wertvorstellungen.
Jedenfalls ist die etwa 50-minütige Sinfonie mit ihrem Changieren zwischen Dur und Moll, ihren manchmal dissonanten Passagen wie lyrischen, dunklen und triumphalen Momenten ein gewichtiges Werk. Auch hier verstanden es Ringborg und die Sinfoniker glänzend, diese in allen Belangen schlüssige Musik wie aus einem Guss zu Gehör zu bringen.
Der russische Komponist, Pianist und Dirigent Sergei Rachmaninow ist zwar bekannt. Doch seine Rhapsodie über ein Thema von Paganini für Klavier und Orchester steht nicht jeden Tag auf Konzertprogrammen. Sie besteht aus dem Thema - es kommt nach einer Einleitung und der ersten Variation - des letzten Geigencapriccios und 24 Variationen.
Fabio Martino aus Brasilien heißt der Nachwuchspianist, der vor der Pause zu Recht mit stehenden Ovationen gefeiert wurde. Denn seine einwandfreie Virtuosität und hohe Musikalität ließen keine Wünsche offen. Kongenial harmonierten er und das Orchester. So brachten sie unter anderem die Einbindung des „Dies Irae“ als Dialog mit dem Teufel verständlich und ungemein packend zum Ausdruck.
Zwei Zugaben waren das Resultat, darunter ein hochgradig schweres Stück von Alberto Ginastera. Wie ein Paganini am Klavier demonstrierte Martino hierbei noch einmal seine atemberaubende Virtuosität. Es war eine umjubelte Matinee, die es wahrlich verdient gehabt hätte, besser besucht gewesen zu sein. Vielen Besuchern wird sie wohl nachhaltig in Erinnerung bleiben.