Wuppertal Fahrerflucht: Ralf N. ist verurteilt
Der Essener hatte im Juni 2015 einen Obdachlosen überfahren — der Mann starb.
Wuppertal. Das Urteil von Richter Christopher Hörster war deutlich: 150 Tagessätze zu je 40 Euro und Führerscheinentzug mit einer zwei Jahre währenden Sperrfrist. Diese Strafe gab der Richter am Donnerstag Ralf N. aus Essen, der im Juni 2015 einen Obdachlosen auf der Carnaper Straße überfahren hatte und danach Unfallflucht begangen hatte. Das sah der Richter als zweifelsfrei erweisen an.
Dem Urteil vorausgegangen war ein zweistündiger Prozess am Wuppertaler Amtsgericht, bei dem mehrere Zeugen und zwei Sachverständige angehört wurden. Ralf N. (46), Bäcker aus Essen, war angeklagt, weil er am 21. Juni 2015 auf der Carnaper Straße, auf Höhe des Petrus-Krankenhauses, einen auf der Straße liegenden Obdachlosen überfahren und anschließend Fahrerflucht begangen haben soll. Der Mann war später im Krankenhaus seinen inneren Verletzungen erlegen.
Der Beschuldigte, der nachts um 3 Uhr auf dem Weg zur Arbeit in Wuppertal war, sagte, er habe kein Hindernis auf der Straße gesehen. Er habe zwar bemerkt, dass etwas passiert sei, hielt die Erschütterung aber für ein Schlagloch oder einen Schaden am Lieferwagen der Bäckerei.
Er sei kurz langsamer geworden, haben aber seinen Weg fortgesetzt, aber als er gemerkt habe, dass er ohne Probleme weiterfahren konnte. Angehalten habe er nicht, in den Rückspiegel gesehen auch nicht. Für den Richter ein erster Grund, stutzig zu werden. „Sie haben nicht in den Rückspiegel gesehen?“ N. verneinte. „Hmm“, kommentierte der Richter.
In dieser Sonntagnacht habe der Angeklagte regulär gearbeitet und sei dann nach Essen zurückgefahren. Das Kuriose: Sein Chef, ein Bäckereibesitzer, erzählte ihm noch in der Nacht von dem Unfall. Denn er war selbst die Carnaper Straße entlanggefahren, hatte den verletzten Obdachlosen gefunden und ihn erstversorgt. Auf die Erzählung habe Ralf N. nicht reagiert, sagte sein Chef. „Aber er redet auch sonst sehr wenig.“ Eine Reaktion habe es erst am Tag darauf gegeben.
An jenem Montag habe die Lebensgefährtin des Bäckereibesitzers bemerkt, dass der Lieferwagen kaputt war. Sie habe sogar ein Haar gefunden, sagte sie. Damit und mit dem Verdacht, der Wagen könnte etwas mit dem Unfall zu tun haben, sei sie zu ihrem Lebensgefährten gegangen, beschrieb sie. Der habe Ralf N. dann angesprochen. „Er war wie gelähmt“, beschrieb der Chef seinen Mitarbeiter. „Dann muss ich das wohl gewesen sein“, habe der gesagt. Und dass er Angst vor dem Gefängnis gehabt habe, so der Chef.
Das Schweigen des Angeklagten war für den Richter ein „krasses Nachverhalten“, das eindeutig „strafschärfend“ wirke. Selbst als sein Chef ihm gesagt habe, „da wurde jemand überfahren und der Fahrer hat sich verpisst“, habe Ralf N. nicht reagiert, folgerte der Richter in scharfen Worten und begründete damit die Höhe der Geldstrafe.
Strafmildernd wirkten die Aussagen der Sachverständigen. Denn auch wenn der Richter es als erwiesen ansah, dass Ralf N. den Mann überfahren hatte und weitergefahren war, machte ein Dekra—Sachverständiger klar, dass der Unfall nicht vermeidbar gewesen wäre, selbst unter idealen Testbedingungen. Auch sei der Mann auf der Straße im Lichtkegel nur eine Sekunde sichtbar gewesen. Dass Ralf N. ihn nicht gesehen, geschweige denn als Menschen erkannt haben kann, hielt der Richter für sicher. „Sonst wäre es Totschlag und Unterlassung gewesen mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren“, ordnete der Richter sein Urteil weiter ein.
Der Richter ist mit der Strafe unter der Forderung des Staatsanwalts gebleiben. Der hatte ein halbes Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert.