Fahrschüler haben es heute schwerer

Neben höheren Anforderungen sind aber auch weniger Interesse und die Schule zwei Gründe.

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Wer heute seinen Führerschein macht, hat es schwerer als einstige Fahranfänger. Während Wuppertal mit seinen vielen Höhenunterschieden und Nebenstraßen sowie einer relativ hohen Verkehrsdichte seit jeher ein schweres Pflaster für automobile i-Dötzchen ist, kommen immer größere Prüfungsanforderungen erschwerend hinzu. „Die Durchfallquote ist gegenüber vor 20 Jahren spürbar angestiegen, wenn auch nicht massiv“, weiß Wuppertals Fahrlehrer-Sprecher Rüdiger Hebestreit und schätzt, dass es sich bei beiden Prüfungen um eine Zunahme von rund fünf Prozent handelt.

So fallen in der Praxis zurzeit 30 Prozent der Prüflinge durch, während die theoretische Prüfung 27 Prozent zum Verhängnis wird. „Bei beiden Prüfungen sind die Anforderungen in den letzten Jahren deutlich gestiegen“, gibt der Vertreter des Fahrlehrerverbands Nordrhein zu bedenken.

So sei die schriftliche Prüfung wesentlich umfangreicher geworden und weise nunmehr eine Auswahl an 1000 Fragen auf. Vor 20 Jahren waren es noch 250 Fragen weniger. „Die Theorie ist viel mehr zur Praxisvorbereitung geworden. Schließlich gibt es inzwischen auch Multimedia-Fragen über eine Videosequenz“, erklärt Hebestreit und ergänzt, dass technische Neuerungen wie immer neue Assistenzsysteme in Zukunft sogar eine weitere Ausweitung des Fragenkatalogs wahrscheinlich machten.

Doch auch der 45-minütige Praxistest hat es mehr denn je in sich. Neben einem ständig wachsenden Verkehrsaufkommen gebe es hier inzwischen Zusatzanforderungen wie Einparktest, Wendemanöver und Gefahrenbremsung. „Außerdem werden hier im Gegensatz zu früher auch Umweltaspekte vermittelt, die in der Prüfung überprüft werden“, schildert der Fahrlehrer. „Die hohen Durchfallquoten hängen jedoch auch mit der Stadt zusammen. Schließlich sind Fahrschüler häufig überfordert, wenn sie an eine Ecke kommen, wo sie zuvor noch nicht hergefahren sind“, ist sich Hebestreit sicher, dass es im großen Straßennetz Wuppertals schwerer ist seine Prüfung zu bestehen als im ländlichen Raum.

Bei immer höheren Anforderungen wundert es nicht, dass auch die durchschnittliche Anzahl an Fahrstunden erheblich gestiegen ist. Waren es vor 20 Jahren noch um die 25 Stunden, brauchen die Fahranfänger in Hebestreits Oberbarmer Fahrschule nun im Schnitt satte 35 Stunden.

„Das liegt jedoch auch daran, dass man sich heute mehr Zeit lässt als früher. So kommt es häufig vor, dass Schüler das Ganze von sich aus in die Länge ziehen und zwischendurch immer mal wieder aufhören“, erklärt Hebestreit. „Das liegt daran, dass die Schule heutzutage eine größere Bedeutung hat. Schließlich ist ein gutes Abi heute wichtiger als ein schneller Führerschein“, analysiert der Kreisobmann des Fahrschulverbands. „Früher war ein möglichst schneller Führerschein wichtig. Da hat man sich regelrecht gegenseitig angespornt“, weiß er von einem Imagewandel zu berichten.

Allerdings müsse man, so der Fachmann, hier grundsätzlich auch in Altersgruppen unterscheiden. So sind U18-Fahranfänger, also Teilnehmer des begleiteten Fahrens, um einiges schneller als die 18-Jährigen. „Die haben wesentlich mehr Biss“, meint Hebestreit, erinnert jedoch auch hier an den zeitlichen Faktor, da schulische Belastungen mit 18 tendenziell höher seien als mit 17. Etwa zehn Prozent der Fahranfänger entfallen auf Späteinsteiger jenseits der 30, die durchschnittlich noch länger brauchen und nicht selten über 40 Stunden in Anspruch nehmen. „Das entsteht meistens aus irgendwelchen Notwendigkeiten heraus, beispielsweise wenn der Ehepartner einen Schlaganfall erlitten hat“, weiß der Fahrlehrer. Mit immer mehr Fahrstunden ist zugleich verbunden, dass der Führerschein immer teuer wird. Allerdings seien die Grundpreise gegenüber vor 20 Jahren kaum teurer geworden, weil die Wuppertaler Konkurrenzsituation außergewöhnlich groß sei. „Hier entfallen auf 370 000 Einwohner 53 Fahrschulen. Das ist um einiges zu viel“, gibt Hebestreit zu bedenken. Dass es in der Schwebebahnstadt so viele Schulen gibt, habe historische Gründe. Als ehemalige Garnisonsstadt habe es einst vier Bundeswehr-Fahrschulen gegeben, die außergewöhnlich viele Fahrlehrer hervorgebracht habe, begründet der Experte.