Wo Ronsdorf nicht wiederzuerkennen ist
Heimat- und Bürgervereinsvorsitzende Christel Auer machte mit der WZ einen virtuellen Spaziergang durch den Stadtteil im Jahre 2008.
Ronsdorf. Der Gang über die Erbschlöer Straße ist enttäuschend. Gerade für Freunde von frischen Brötchen und einem heißen Kaffee. Dort, wo eigentlich die Bäckerei Steinbrink sein sollte, steht eine verwahrloste Tankstelle und neben dem Kik-Textildiscounter fehlt die Bäckerei Evertzberg — stattdessen gibt es dichte Sträucher und einen Zigarettenautomaten.
So sah Ronsdorf vor zehn Jahren aus. Was so mancher vielleicht schon vergessen haben mag, hat das digitale Gedächtnis von Google Streetview gespeichert. Im Internet lässt sich bei dem Kartendienst virtuell noch immer durch das Ronsdorf von 2008 spazieren. Das hat die WZ genutzt, um gemeinsam mit Christel Auer, Vorsitzende vom Heimat- und Bürgerverein, noch einmal das damalige Stadtgebiet „abzugehen“ und Ronsdorfs Wandel Revue passieren zu lassen.
Sprung zum Bandwirkerbad: Das Gebäude sieht mit dem heutigen Wissen irgendwie nackt aus. Klar, der markante blaue Schriftzug über dem Eingang fehlt. Den haben die Ehrenamtler angebracht, aber damals leitete eben noch die Stadt die Geschicke des Bades, das der Verwaltung zu diesem Zeitpunkt bereits zu teuer geworden war. Christel Auer, die 2010 zur Vorsitzenden des Heimat- und Bürgervereins gewählt wurde, erinnert sich: „Mit der Rettung des Bandwirkerbades wurde ich direkt ins kalte Wasser geworfen. Das war meine erste große Aufgabe.“ 2011 gründete sich der Förderverein.
Andere Straßen sind 2008 schwer abzugehen — weil es sie noch gar nicht gibt. Der Horst—Herbergs-Weg gehört zu dem Neugebiet „Im Vogelsholz“, das noch weit und breit nicht zu sehen ist. Stattdessen schauen wir auf den Parkplatz des Gymnasiums, das bereits ein Jahr später Besuch von den Baggern bekommen sollte.
Neuer Wohnraum entstand auch am Rädchen/Heidter Straße. Dort schaut Christel Auer wehmütig auf das Hotel-Restaurant „Rädchen“, das noch immer mit Kaffeetafel und Kegelbahn auf Kunden wartet. Nicht mehr lange: Drei Jahre später sollten die Lichter ausgehen. „Das bedauere ich sehr“, sagt Auer. Auf der anderen Seite der Heidter Straße steht nur eine Scheune, ansonsten gibt es dort im Ronsdorf anno 2008 viel Grün. Dass sich das im Laufe der Jahre geändert hat — und heute an dieser Stelle acht neue Ein- und Mehrfamilienhäuser stehen — hatte viel Protest hervorgerufen. Wer die alte Aussicht noch einmal genießen will, muss nun wohl zu Google gehen.
Am Ascheweg fällt der Blick zwangsläufige auf das alte Aldi-Gebäude, das mit seinen beschmierten Wänden und dem in die Jahre gekommenen Parkplatz nicht gerade das Stadtbild aufwertet. Der Sprung zehn Jahre in die Zukunft ist schmeichelhaft. „Das Gelände ist jetzt wirklich sehr schön bebaut“, freut sich Christel Auer. 19 barrierefreie Eigentumswohnungen und eine Arztpraxis haben Ronsdorf aufgewertet. Unterm Strich zeigt sich: Es hat sich einiges getan im Viertel. Christel Auer sagt: „Heute ist Ronsdorf schöner als vor zehn Jahren.“
Eine leicht negative Entwicklung lässt sich rund um den Bandwirker-Platz feststellen. Der Blick auf die Ladenzeile zeigt, dass es über die Jahre einigen Wandel im Einzelhandel gegeben hat — und einige Läden sind auf der Strecke geblieben. Schlecker gehört der Vergangenheit an, hier stellen heute Künstler im Ronsdorf-Carrée aus.
Der Augenoptiker ist ebenso von der Staasstraße verschwunden, wie Schreib- und Spielwaren Lippe — und einige mehr. Dass das Angebot in der City kleiner geworden ist, findet Auer schade, merkt aber an: „Eigentlich können wir uns nicht beklagen, wir haben ja noch eine intakte Infrastruktur in Ronsdorf.“
Mancherorts ist alles beim Alten geblieben. Leider. An der Bushaltestelle Ronsdorf Markt warten die Leute 2008 wie 2018 auf dem engen Bürgersteig ohne Bedachung auf den ÖPNV. Gerade ist der Umbau der Haltestelle von der Stadt erneut nach hinten verschoben worden. Christel Auer wünscht sich, dass dieses „Sorgenkind“ zum Spaziergang Ronsdorf 2028 doch bitte verschwunden ist.