Flucht vor Gewalt und Armut: 80 Kinderflüchtlinge in Wuppertal
In Wuppertal leben 80 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Die Diakonie sucht Vormünder für sie.
Wuppertal. Ihre Väter wurden in Afghanistan von den Taliban ermordet, oder sie fliehen vor einem Leben als Kindersoldat in Afrika. 15-jährige Jungen werden von Schleppern über die Grenze gebracht und sind plötzlich ganz auf sich alleine gestellt. In Wuppertal leben etwa 80 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. „Ihre Schicksale erscheinen oft unrealistischer als im Fernsehen“, sagt Katrin Löffelhardt, bei der Diakonie für das Projekt Do it verantwortlich.
Sie weiß von einem Jungen, der fast drei Jahre lang unterwegs war und sich seine Flucht in Etappen als Erntehelfer erarbeitetet hat. Ein anderer 14-Jähriger stand plötzlich ohne Familie da, als der Schlepper die einen nach rechts und die anderen nach links schickte. Einige der Mädchen — rund ein Drittel der Betroffenen sind weiblich — landen über Zwangsprostitution in Deutschland. „Sie leiden sehr unter der Trennung ihrer Familie und wissen in der Regel nicht, was mit ihren Angehörigen passiert ist“, sagt Löffelhardt.
Die Ursachen für die Flucht der Kinder sind vielfältig und meist eine Kombination mehrere Faktoren: bewaffnete Konflikte, politische Repressalien, Missbrauch als Kindersoldaten, große Armut und Not. „Einige Jugendliche werden aber auch von ihren Familien als Hoffnungsträger losgeschickt. Wenigstens einer aus der Familie soll Bildung bekommen“, sagt Löffelhardt.
Sind sie einmal in Wuppertal gelandet — häufig sind es Zufälle, die ins Bergische führen oder aber die Flüchtlinge werden von der Bundespolizei aufgegriffen — ist das Jugendamt zuständig. Allen unbegleiteten Kinderflüchtlingen steht bis zur Volljährigkeit ein Vormund zu. „Sie sind besonders schutzbedürftig und brauchen jemanden, der sich für ihre Interessen einsetzt“, erklärt die Projektleiterin. Aus diesem Grund werden ehrenamtliche Vormünder gesucht, die von der Diakonie geschult und begleitet werden.
Die Kinder und Jugendlichen leben in regulären Jugendhilfe-Einrichtungen. Einige von ihnen, wie beispielsweise die Internationale Jugendwohngemeinschaft Wuppertal, haben sich auf die Aufnahme von Kinderflüchtlingen spezialisiert.
Aufgabe der Vormünder ist es, darauf zu achten, dass die Jugendlichen eine Schulbildung erhalten und angemessen untergebracht sind. Außerdem sollen sie bei der Klärung der aufenthaltsrechtlichen Situation helfen. Die Vormünder gehen eine langfristige Verpflichtung ein. „Für die Jugendlichen ist es sehr wichtig, ein Stück Stabilität zu haben“, sagt Löffelhardt. Teilweise entstünden enge Kontakte zu den Familien der Vormünder.
Bis zur Volljährigkeit sind die Kinderflüchtlinge vor einer Rückführung in ihre Heimat geschützt. Danach wird über ein dauerhaftes Bleiberecht entschieden. Bisher hat es innerhalb des Diakonieprojekts allerdings noch keine Rückführungen gegeben.
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