Förderung: Sieben Helfer für 75 Wichlinghauser Familien
Stadtverwaltung und Jobcenter starten ein Projekt der Europäischen Union, um sozial schwache Familien zu fördern.
Wuppertal. Mehr als 23 Millionen Euro stehen dem Jobcenter bis 2020 für acht Projekte zur Verfügung, die über den europäischen Sozialfonds gefördert werden. Eines dieser Projekte heißt 75 Familien plus, mit dem das Jobcenter und die Stadt Wuppertal sozial schwache Familien aus dem Quartier Wichlinghausen-Süd fördern will.
Mit dem Projekt betritt die Stadt Neuland, denn Förderungen und staatliche Hilfen gibt es bisher in der Regel nur für einzelne Familienmitglieder. Die Problematik der gesamten Familie wird dagegen bisher kaum behandelt.
Elke Stapff, Leiterin des Familienbüros, ist seit mehr als 20 Jahren in der Sozialarbeit tätig. Sie hat die Beobachtung gemacht, dass die Probleme in sozial schwachen Familien häufig von Generation zu Generation weitergegeben werden. Im Klartext: Familien leben über mehrere Generationen hinweg von der Sozialhilfe, das Jugendamt oder das Sozialamt werden in Einzelfällen für einzelne Familienmitglieder tätig. Das Vorgehen ist vergleichbar mit dem eines Arztes, der Symptome an Organen behandelt, dabei aber den gesamten Organismus aus dem Auge verliert.
„Unser Ansatz ist es, den Blick der Sozialarbeiter auf die gesamte Familie zu richten. Wir wollen zum Beispiel zur Mitarbeit an kleineren Projekten im Quartier motivieren. Die Erwachsenen erhalten so die Möglichkeit, sich in ihrer Nachbarschaft zu engagieren und dem Quartier etwas zurückzugeben. Somit dienen sie auch ihren Kindern als Vorbild“, sagt Elke Stapff.
Anfang Juli hat das Projekt begonnen, das von der Stadt Wuppertal entwickelt wurde. Die Förderung durch die Europäische Union ist zunächst bis Frühjahr 2019 befristet. Elke Stapff ist aber zuversichtlich, dass es eine Folgeförderung geben wird. Schließlich hat jede größere Stadt mit dieser Problematik zu kämpfen. Ursprünglich war man in Wuppertal davon ausgegangen, gleich 200 Familien betreuen zu können. Nun sollen sieben ausgebildete Fachkräfte bis zu 75 Familien betreuen.
Die Nachfrage in einer Stadt, in der rund 50 000 Menschen in sogenannten Bedarfsgemeinschaften von finanzieller Unterstützung abhängig sind, dürfte groß genug sein.
Elke Stapff spricht von einem Experiment, in dem es zunächst darum gehe, Kontakte zu den Familien zu knüpfen und Vertrauen herzustellen. Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) ist zuversichtlich, dass der richtige Weg gewählt wurde: „Ein ganzheitlicher Ansatz bezogen auf die gesamte Familie bietet Hilfe zu einem frühen Zeitpunkt. Nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.“