Frauen-WM: St. Josef macht zwei Nationalspielerinnen fit
DFB-Kickerin Annike Krahn und ihre kanadische Kontrahentin Brittany Timko bekamen am Kapellchen ein neues Kreuzband.
Wuppertal. Dr. Kai Ruße ist begeisterter Fußballfan. Daher wird er das Eröffnungsspiel der Frauen-WM am Wochenende auf gar keinen Fall verpassen. Zwei Kickerinnen drückt er dabei besonders die Daumen: Annike Krahn, der deutschen Abwehrchefin und Fußball-Weltmeisterin von 2007, und Brittany Timko, die für das gegnerische Kanada auf dem Platz des Berliner Olympiastadions steht. Sein Interesse ist dabei auch sportmedizinischer Natur — denn beide Fußballerinnen haben sich 2010 mit ihren Kreuzband-Verletzungen dem Chefarzt der Klinik für Arthroskopie und Sporttraumatologie am Krankenhaus St. Josef anvertraut.
„Das Knie und insbesondere das Kreuzband ist durch das Belastungsprofil beim Kicken besonders verletzungsgefährdet“, erklärt Ruße. „Es kommt nicht nur darauf an, die Sportlerin schnell wieder fit zu bekommen. Man muss auch dafür sorgen, dass sie bleibend fit ist, dass es keinen Karriereknick oder gar ein vorzeitiges Karriereende gibt.“
Im Falle von Annike Krahn und Brittany Timko ist das dem Team der Klinik für Sporttraumatologie am Elberfelder Kapellchen gelungen: Beide Spielerinnen sind im Kader ihrer Nationalmannschaften und bereiten sich abschließend auf ihren Einsatz bei der Weltmeisterschaft vor.
Vor zehn oder 15 Jahren bedeutete ein Kreuzbandriss für einen Sportler laut Dr. Ruße noch das sichere Ende des Hochleistungsniveaus, doch Annike Krahn hat sich in nur knapp einem Jahr (s. Kasten) wieder in Topform gebracht. Wie ihr das gelungen ist? „Ich habe intensives Aufbautraining gemacht. Ich habe täglich hart daran gearbeitet, schnellstmöglich fit zu werden“, verrät die 25 Jahre alte Bochumerin. „Ich habe mich voll und ganz auf die Reha konzentriert — immer mit dem Ziel vor Augen, so bald wie möglich wieder auf dem Platz zu stehen.“
Auch ihre Mitspielerin in Duisburg, Linda Bresonik, hat sich in Wuppertal operieren lassen. Dass Brittany Timko ebenfalls ein neues Kreuzband von Dr. Ruße eingesetzt bekommen hat, hat sie erst nachträglich erfahren. Die Fußballszene betreibt offensichtlich Mundpropaganda. So hat Dr. Ruße, der pro Jahr rund 250 Kreuzband-Eingriffe macht und damit nach eigenen Angaben in NRW weit vorne ist, schon viele prominenten Sportler — darunter auch Eishockeyspieler und Basketballer — im OP gehabt. Inzwischen hat sich beim ihm im Büro schon ein ziemliches Arsenal an signierten Trikots, Bällen und Fotos der Profi-Sportler angesammelt. Alle, die erfolgreich behandelt werden, hinterlassen ihm ein Erinnerungsstück.
Die Arbeit mit den Sportlern macht dem Arzt viel Spaß, obwohl sie sehr zeitintensiv ist: „Grundsätzlich sind die Sportler als Patienten sehr anspruchsvoll. Ich werde teilweise am Wochenende und auch spätabends angerufen“, sagt Ruße. „Aber das ist auch verständlich. Für sie ist ihr Körper das Kapital.“
Ob Sportler oder „normaler“ Patient, der Eingriff am Knie unterscheidet sich grundsätzlich nicht. Mit einem Bohrer werden Löcher ins Kniegelenk gebohrt, dann wird das beschädigte Kreuzband durch einen körpereigenen Ersatz ausgetauscht. Der Eingriff dauert am Kapellchen etwa 45 Minuten. „Die Sportler brauchen allerdings hinterher mehr Support und Zuwendung wie Physiotherapie“, sagt Ruße, der übrigens auch WSV-Mannschaftsarzt ist.
Die OP von Annike Krahn war erst im August 2010, deshalb ist ihr Einsatz für die WM ein ganz besonderer Erfolg für die Sportlerin. „Mit dem Eingriff so kurz vor der WM war sie schon knapp dran“, sagt Dr. Ruße. Doch die 25-Jährige hatte offenbar einen eisernen Willen und richtete ihren Blick nur nach vorn.
Sie trainierte vier bis sechs Stunden täglich. Gymnastik, Kraft- und Stabilitätsübungen, Fango, Kältekammer und Dauerläufe. „Es war eine anstrengende Zeit, ab und zu anstrengender als ein DFB-Lehrgang ohne Ball“, sagte Krahn der Deutschen Presse-Agentur. „Aber ich hatte ja mein Ziel. Ich wollte es unbedingt zur WM schaffen.“