Gaby Köster im Barmer Bahnhof: Ihr Leben nach dem Schlaganfall
Im Barmer Bahnhof sprach die Komikerin unverblümt über ihre „zweite Chance“.
Barmen. Eines möchte Gaby Köster gleich zu Beginn klarstellen: „Ich ziehe nicht mein linkes Bein hinter mir her, es geht nur langsamer mit!“ Aus den Lautsprechern singt die Synthie-Popgruppe Hurts „Never give up - it’s such a wonderful life“ (Deutsch: „Gib nicht auf - es ist so ein wundervolles Leben“), die Komikerin wird von einer Assistentin auf die Bühne geführt. Nach ihrem Schlaganfall ist Köster wieder auf Tour — am Sonntagabend las sie im ausverkauften Barmer Bahnhof aus ihrem Buch „Ein Schnupfen hätte auch gereicht — meine zweite Chance“.
Dabei schlug die 51-Jährige ungewohnt ernste Töne an: „Dass meine Mutter mit ihren 73 Jahren noch ein Kind pflegen muss, war mir sehr schwer“, gesteht Köster. Es ist still im Publikum. Kopfnicken. Aus einigen Ecken hört man ein zustimmendes „Ja“.
Nach einer halben Stunde legt sie ihr Manuskript beiseite. Das Publikum darf Fragen stellen. Köster antwortet in aller Offenheit: Am meisten fehle ihr nach dem Schlaganfall die Selbstständigkeit — vielleicht rauche sie deshalb weiter: „Das kann ich nämlich noch allein“. Köster lacht. Ihr lautes, plötzliches, freches Lachen, das zu sagen scheint: Ich stehe über den Dingen. Und da ist sie wieder, die Gaby Köster, die Millionen Fernsehzuschauer als schlagfertige Supermarkt-Perle Rita Kruse kennen. Es klirrt, ein Weinglas ist zu Boden gefallen. „Schatz, wenn das mit den Kontaktlinsen nicht klappt, nimm eine Brille“, ulkt Köster mit ihrer rauchigen Stimme.
Ähnlich reagierte sie im Krankenbett, als der Arzt ihr die Diagnose mitteilte: „Wenn Sie weiter so einen Scheiß labern, haben Sie gleich einen Schlaganfall“, habe sie damals geantwortet. Zuvor: Koma. Vier Wochen habe ihr Leben am seidenen Faden gehangen. „Ich war so weggetreten, dass ich meinen Vater gesehen habe — der ist seit 30 Jahren tot“, erzählt Köster. „Das ist zu früh“ habe der ihr gesagt.
Das sieht Köster anscheinend auch so: Die geschiedene Mutter steht wieder im Leben, geht auf Tour, macht fünf Mal in der Woche „Ballett“ — so nennt sie die Physiotherapie — und hat die Hoffnung längst nicht aufgeben. Stattdessen übt sie sich in Geduld. „Das ist überhaupt nicht mein Ding, ich könnte die Erfinderin von Aldente-Nudeln sein“, sagt die Kölnerin. Schließlich wird Köster gefragt, ob sie nicht wieder eine Comedy-Serie starten wolle. Die Komikerin lacht: „Bei mir ist grundsätzlich immer mit allem zu rechnen“. Man darf also gespannt bleiben: Köster will ihre zweite Chance nutzen.
“ Zum Nachlesen: Gaby Köster und Till Hoheneder, „Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance“, Fischer-Verlag 2011 (9,95 Euro).