Gedenken: Vor 80 Jahren brannten die Bücher

NS-Zeit: Auch in den Zentren Wuppertals beteiligten sich viele an dem barbarischen Akt.

Wuppertal. Berlin, Bonn, Braunschweig, Bremen, Breslau — in mehr als 50 deutschen Städten ertönte am 10. Mai 1933 ein furchterregender Ruf: „Wir übergeben dem Feuer die Schriften von ...“

Mit der Bücherverbrennung vor 80 Jahren hatte eine Kampagne der NSDAP ihren Höhepunkt gefunden, die „artfremde“ und „zersetzende“ Literatur aus Deutschland verbannen wollte. Betroffen waren zunächst die Werke von etwa 250 Autoren, unter ihnen Erich Kästner, Bertolt Brecht, Stefan Zweig und Kurt Tucholsky. Die Zahl der Verfemten sollte später rasant steigen.

Während die Aktionen am 10. Mai vorwiegend von Studenten getragen wurden, hatten die Schüler höherer Wuppertaler Lehranstalten bereits am 1. April 1933 eine Art Generalprobe des barbarischen Akts organisiert. In einem Sternmarsch zogen sie klassenweise zum Brausenwerth in Elberfeld und zum Rathausvorplatz in Barmen, schwangen Plakate und hielten am Scheiterhaufen Reden gegen die „undeutschen Schriftsteller“ und für das NS-Regime. Mehr als 1000 Zuschauer sollen Zeugen des barbarischen Akts gewesen sein.

Wenige Tage nach der Bücherverbrennung bekundeten Wuppertaler Lehrer ihre Bereitschaft, das „nationale Denken und Wollen mit besonderer Verantwortungsfreude“ zu verbreiten. Diese gefügige Haltung dürfte ein Grund dafür gewesen sein, dass Wuppertal nach Kaiserslautern als zweite deutsche Stadt die Bücher geächteter Autoren vernichtete.

Eine unrühmliche Führung bei dem Feldzug übernahm die Oberrealschule Nord in der Helmholtzstraße. Wahrscheinlich orientierten sich die Schüler bei der Auswahl der zu verbannenden Bücher an einer schwarzen Liste, die der Berliner Volksbibliothekar Wolfgang Hermann verfasst hatte. Sie durchforsteten allerdings ausschließlich die Schulbibliotheken, so dass andere Büchereien in der Stadt zunächst verschont blieben.

Während sich die Wuppertaler Literaten Walter Bloem und Will Vesper auf die Seite der Verfolger schlugen, fanden sich einige bis heute bekannte Namen auf der Liste der Verfemten. Dies waren etwa die Jüdin Else Lasker-Schüler, die Frauenrechtlerin Helene Stöcker und der Pazifist Armin T. Wegner. In einem Brief an Adolf Hitler schrieb Wegner geradezu todesmutig: „Ich bestreite diesen törichten Glauben, dass alles Unglück in der Welt von den Juden herrühre, ich bestreite ihn mit dem Recht, den Beweisen, mit der Stimme der Jahrhunderte, und wenn ich diese Worte an Sie richte, so geschieht es, weil ich keinen anderen Weg mehr weiß, mir Gehör zu verschaffen.“

Wie dumpf klangen dagegen die „Feuersprüche“ der Täter: „Gegen Gesinnungslumperei und politischen Verrat, für Hingabe an Volk und Staat! Gegen volksfremden Journalismus demokratisch-jüdischer Prägung, für verantwortungsbewusste Mitarbeit am Werk des nationalen Aufbaus. Gegen dünkelhafte Verhunzung der deutschen Sprache, für Pflege des kostbarsten Gutes unseres Volkes“, hetzten die Nazis.