Gedenken Gedenktag 20. Juli: „Null Toleranz der Intoleranz“

Wuppertal · Gedenkfeier im Deweerth’schen Garten zum Widerstand des 20. Juli.

Die Gedenkstunde zum 20. Juli.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Vor 75 Jahren misslang am 20. Juli der Versuch deutscher Offiziere, Adolf Hitler zu töten und ein Ende des NS-Regimes zu erzwingen. In der Wolfsschanze, dem Hauptquartier Hitlers, detonierte 1944 eine Bombe, die ihn nur leicht verletzte und das Unternehmen Walküre zum Scheitern verurteilte. Das Attentat galt den Widerständlern als einzige Möglichkeit, das nationalsozialistische Regime zu stürzen, den zweiten Weltkrieg zu beenden und einen Rechtsstaat zu errichten. „Wir haben uns vor Gott und unserem Gewissen geprüft, es muss geschehen. Denn dieser Mann ist das Böse an sich“, so Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der die Bombe bei der Lagebesprechung platzierte. Nicht nur direkt an der Verschwörung Beteiligte wurden verhaftet und hingerichtet, auch Gegner des NS-Regimes, insgesamt rund 200 Menschen. Claus Schenk Graf von Stauffenberg wurde noch am Abend des Attentats erschossen.

Anlässlich des Jahrestages erinnerte die Stadt an den Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft gedachte der Opfer und lud im Namen der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zur Gedenkfeier in den Deweerth’schen Garten, wo sich Vertreter der Stadt, Politiker und engagierte Wuppertaler versammelten.

Oberbürgermeister Andreas Mucke schlug in seinem Grußwort schnell den Bogen zur heutigen Zeit. Unser Grundgesetz, welches vor 70 Jahren in Kraft trat, zog Lehren aus der Zeit des Nationalsozialismus. „Die Würde des Menschen ist unantastbar, steht in Artikel Eins und nicht die Würde der Deutschen“, so Mucke. Heute mache sich wieder Gedankengut breit, welches in der Zeit des Nationalsozialismus wurzelt und welches man überwunden gedacht glaubte. „Es wird öffentlich ausgesprochen, was man vor einiger Zeit nicht mehr für möglich gehalten hat“, sagte Mucke und fordert Null Toleranz gegen Intoleranz, Respekt gegenüber allen Menschen, egal welcher Herkunft, Hautfarbe, Religion oder sexueller Ausrichtung.

Kleine: „Die schweigende
Mehrheit ist eine Gefahr“

In passender Ergänzung dazu die Rede von Werner Kleine, Pastoralreferent der Katholischen Kirche. „Erinnerung und Gewissen – warum Verantwortung nicht delegierbar ist“, lautete sein Thema. In seiner gewohnt mitreißenden Art rüttelte er auf und hielt nicht nur den Zuhörern den Spiegel vor. „Gewissen ist die Stimme, die uns morgens im Spiegel in die Augen schaut“. Das Wort Widerstand sieht er korrumpiert, etwa durch die AFD, die ausgerechnet Worte von Dietrich Bonhoeffer (lutherischer Theologe, Teilnehmer am deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus) für ihre Zwecke benutze. „Wir haben keine Autokratie, gegen die man Widerstand leisten muss. Man muss ertragen können, dass nicht jeder seiner Meinung ist.“ Widerstand leisten, heißt die Konsequenzen dessen zu tragen, das sieht er heute nicht.

Recht und Moral wollten die Widerstandskämpfer von 1944 wieder herstellen. Um die Moral sorgt sich Kleine. „Die schweigende Mehrheit ist eine Gefahr. Auch hier könnten heute viel mehr Menschen stehen“. Er erinnerte an andere Widerständler, die Geschwister Scholl mit ihrer Flugblattaktion in München. Gedenktage können einfach sein, wenn sie lange zurück liegen. Der Gedenktag ist Mahnung zu agieren, wenn die Menschenwürde angegriffen wird, denn „wenn die Menschlichkeit fehlt, wird der Mensch dem Mensch ein Wolf“. Da passte es, dass unter dem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus mit der Aufschrift „Der Mensch sei Mensch“ Kranzniederlegung und Gedenkminute stattfanden.