Geteilte Meinung zur Entwicklung am Ölberg

Einige Anwohner begrüßen die Veränderungen — andere befürchten Mietpreiserhöhungen.

Foto: Stefan Fries

Ölberg. Hält die Gentrifizierung auch am Ölberg Einzug? Gemeint ist der soziale Strukturwandel, wie er bundesweit in ehemaligen Arbeitervierteln und sozialen Brennpunkten bereits stattgefunden hat, und der immer auch mit der Verdrängung der gewohnten Lebensräume einhergeht. Einige der alteingesessenen Bewohner und Ladenbesitzer am Ölberg haben bereits Kündigungen erhalten.

Viele Menschen, die schon Jahrzehnte dort wohnen, haben Angst vor Mieterhöhungen und stehen ratlos vor der Situation, dass Hausbesitzer Gebäude sanieren und hochwertigeren Wohnraum schaffen wollen, der natürlich auch seinen Preis hat — in Form von Mieterhöhungen. Wobei die offiziellen Zahlen des Mietpreisspiegels diesen Eindruck nicht bestätigen (die WZ berichtete).

Jörg Häusler etwa kennt die Geschichte des Ölbergs: „Ich habe gehört, dass beispielsweise einer der Kioskbesitzer die Kündigung erhalten hat oder dass andere Ladeninhaber die doppelte Miete zahlen müssen. Hier haben besonders früher viele sozial schwache Menschen gelebt. Das hat sich durch die Ansiedelung von Künstlern und Studenten in den letzten Jahren bereits verändert.“ Er hoffe aber nicht, dass sich eine ähnliche Situation wie etwa im Luisenviertel entwickle, wo die Mieten immens gestiegen seien, so Häusler, der vor 15 Jahren wieder hierher gezogen ist. „Die Multi-Kulti-Situation war dafür ausschlaggebend. Hier kennt man sich und hilft sich.“

Ulrich Großenbach empfindet das genauso: „Die Kreativen bringen Leben ins Viertel, wodurch sich auch gerade eine fantastische Atmosphäre in den Hinterhöfen entwickelt hat. Unbestritten hat es bereits in den letzten Jahren zahlreiche Wechsel bei den Ladenbesitzern gegeben.“ Gleichwohl habe er die Befürchtung, dass die Mieten weiter steigen werden, so Großenbach, der seit 45 Jahren im Viertel wohnt.

Philipp Heuser studiert in Wuppertal: „Hier sind die Mieten noch bezahlbar und ich fühle mich hier sehr wohl.“ Angst, dass die Mieten weiter steigen, habe er nicht: „Die Lokalitäten und die Leute hier sind toll und eine wirkliche Alternative wäre das Studentenwohnheim für mich nicht.“ Monika Niggemeyer meint, dass die Menschen positiver denken sollten: „Das Viertel hat sich verbessert, allein schon deshalb, weil sich einige hochwertigere Geschäfte hier angesiedelt haben. Und wenn man sieht, wie viele Menschen das Ölbergfest anzieht, ist man doch auf einem guten Weg.“

Jannis Nicolas fühlt sich wohl am Ölberg und glaubt, dass viele Studenten hierher wollen, weil es ein cooles Viertel ist: „Immer mehr Studierende aus Düsseldorf suchen sich die gefragten Viertel in Wuppertal aus: Ölberg, Luisenviertel oder Arrenberg.“ Sollte sich die Situation am Ölberg ändern, werde es aber dort Gegenwehr geben, da es auch darum gehe, die bodenständige Lebensqualität zu bewahren.

Max-Mosche Kohlstadt denkt, dass es auch ein Stück weit Panikmache sei, das momentan publiziert werde. Natürlich sei Verdrängung schlecht und Prävention notwendig, doch bestehe auch immer die Möglichkeit, dass etwas Cooles wie an der Marienstraße 42 entstehen könne: „Zum Thema Gentrifizierung habe ich im letzten Jahr eine Veranstaltung in Utopiastadt besucht. Es ist richtig, die Dinge früh anzugehen. Aber ich glaube, dass es eine ähnliche Entwicklung wie am Prenzlauer Berg geben wird. Nicht in nächster Zeit, aber als schleichender Prozess.“

Thorsten Schulze hat auch mitbekommen, dass dem langjährigen Kioskbesitzer aufgrund von Sanierungsmaßnahmen gekündigt wurde: „Die haben doch niemandem etwas getan und wissen jetzt nicht, wie es weitergehen soll.“ Er wisse nicht, warum die Mietpreise steigen: „Vielleicht sollen ja noch mehr Studenten und Künstler ins Viertel kommen und die, die schon lange hier wohnen, verdrängt werden. Zum Glück leben aber immer noch sehr viele von den alteingesessenen Bewohnern hier.“