Interview „Wir wollen immer besser werden“

Gunther Wölfges über seine Anfänge in Wuppertal und die Aussichten für die nächsten Jahre.

Gunther Wölfges ist für weitere fünf Jahre Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse. Foto: Andreas Fischer

Gunther Wölfges ist für weitere fünf Jahre Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse. Foto: Andreas Fischer

Foto: Fischer, A. (f22)/Fischer, Andreas (f22)

Der Stadtrat hat die Wiederbestellung von Gunther Wölfges als Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse Wuppertal zum 1. August 2019 für weitere fünf Jahre genehmigt und ist damit dem Beschluss des Verwaltungsrates der Sparkasse gefolgt. Die WZ sprach mit ihm über die ersten Jahre seiner Tätigkeit in Wuppertal und über die Aussichten für die kommenden Jahre.

Herr Wölfges, welches Thema haben Sie zu Beginn Ihrer Tätigkeit in Wuppertal bewusst an den Anfang gesetzt?

Gunther Wölfges: Deutlich herauszuarbeiten, wofür Sparkasse steht. Sowohl für den Einzelnen, als auch für die Gemeinschaft. Denn als Sparkasse sind wir für alle Menschen und Unternehmen gleichermaßen da und wollen Wohlstand und gutes Leben in Wuppertal fördern. Das machen wir, indem wir Menschen auf ihrem Lebensweg in finanzieller Hinsicht so gut wie möglich begleiten. Und in dem wir das, was wir dabei erwirtschaften, an die Gemeinschaft zurückgeben Die finanzielle Versorgung des Einzelnen steht also in einem direkten Zusammenhang mit unserem gemeinwohlorientierten Engagement. Beides wirkt sich nachhaltig auf die Lebensqualität in unserer Stadt aus und ist kein bloßes Marketing. Die beschriebene Zielrichtung haben wir in unserer Geschäftsstrategie verankert, die zu Beginn meiner Tätigkeit neu formuliert wurde.

Wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase sind die Erträge bei Banken und Sparkassen immer noch sehr belastet. Wie schafft es die Sparkasse, auch weiterhin stabil zu bleiben?

Wölfges: Die anhaltende Niedrigzinsphase bleibt eine große Herausforderung. Wir haben drei Stellschrauben, um damit umzugehen. Erstens können wir als Sparkasse wachsen. Das tun wir an Volumen, an Kunden und an Konten. Zweitens können wir Preise anpassen. Auch dies nutzen wir da, wo wir im Marktvergleich in einem fairen Bereich liegen. Und drittens bemühen wir uns, Kosten stabil zu halten. Alles zusammen in eine Balance zu bringen, das ist eine Herkules-Aufgabe.

Was sind die Entwicklungen in den kommenden fünf Jahren? Müssen Sie die Schrauben nachziehen? Wird es neue Strategien geben?

Wölfges: Wir wollen immer besser werden in dem, was wir für unsere Kunden tun. Da müssen wir schauen, was die nächsten Schritte sind. Und das unter Berücksichtigung unseres Wettbewerbsumfeldes. Andere im Markt schließen Filialen, was

wir nicht tun, und erhöhen Preise, das ist an der Tagesordnung. Bei uns wird es darauf ankommen, wie wir weiterkommen in unserem Geschäft, im Wachstum und in der Kostensteuerung; auch über Preise werden wir weiterhin nachdenken. Das sind geschäftspolitische Fragen, die immer wieder auf den Tisch kommen. Bei alldem wollen wir eine Sparkasse sein, die stabil durch diese herausfordernden Zeiten geht. So werden wir unserer Verantwortung gegenüber den Menschen in Wuppertal, also unseren Kundinnen und Kunden, unseren Mitarbeitenden und der Gemeinschaft als verlässlicher Partner gerecht.

Ist das Thema Negativzinsen aus dem Blick geraten?

Wölfges: Die Menschen wissen, dass es derzeit keine bzw. kaum mehr Zinsen gibt. Es ist eigentlich kein großes Thema in den Beratungen. Negativzinsen haben wir bei den gewerblichen Kunden ab einer Million Euro Einlagen. Das ist auch akzeptiert. Als Sparkasse müssen wir aktuell 0,4 Prozent für unsere Einlagen bei der Europäischen

Zentralbank zahlen.

Der zweite Schritt war die Flexibilisierung der Filialen und der Beratung. Wie sind die Reaktionen ausgefallen?

Wölfges: Wir haben relativ wenige Reaktionen bekommen. Meine Einschätzung ist, die Menschen erkennen unser Bemühen an, einen Weg zu finden, wie wir für sie an den bekannten 35 Orten weiterhin da sein können. Dass wir nicht mehr in allen

Filialen zu allen Zeiten für Spontanbesuche geöffnet haben, können die meisten Menschen nachvollziehen. Zumal viel weniger Kunden in die Filialen kommen, als noch vor 40 Jahren. Als ich 1980 bei der Sparkasse angefangen habe, musste jeder Kunde noch für Überweisungen und Bargeldgeschäfte in eine Filiale der Sparkasse kommen. Heute geschieht das hauptsächlich digital. Im Schnitt besucht zurzeit jeder Kunde einmal im Jahr eine Filiale für solche Anliegen, nutzt digitale Möglichkeiten aber bis zu 200 mal pro Jahr. Die Zeit, die wir dadurch gewinnen, investieren wir in komplexe Beratungsgespräche; die mit Termin übrigens unter der Woche von acht bis acht in jeder Filiale möglich sind.

Die Niedrigzinsphase hat das Geschäft der Sparkasse verändert. Gibt es Gebiete, die Sie bearbeiten, die vor Jahren noch gar nicht denkbar waren?

Wölfges: Das Prinzip früher lautete: Ich entwickele Produkte und vertreibe sie an die Kunden. Wir fragen aber, was einen Menschen bewegt, welche Ziele er hat. Wie will er wohnen, wie Urlaub machen? Will er heiraten, was soll aus den Kindern werden? Wie gestaltet sich mein Leben im Alter? Dafür brauchen wir in unserem Leben jemanden, der die notwendigen Lösungen bereitstellt, um zu sparen, zu finanzieren,

Risiken abzusichern und vorzusorgen. Wir bieten geeignete Produkte als Lösung an, die zum Bedarf des Kunden passen. Im Vordergrund stehen die Lebenssituation und die Wünsche und Pläne des Kunden und nicht das Produkt. Das ist der Unterschied, den wir in unserer Beratungspraxis erlebbar machen. Die Produkte unterscheiden sich von Bank zu Bank nicht grundlegend. Es geht uns um die Art, wie wir mit den

Menschen sprechen und sie beraten.

Können Sie trotz niedriger Zinseinnahmen auch in Zukunft die Vereine und Initiativen unserer Stadt weiter so umfangreich unterstützen?

Wölfges: Wir wollen unseren Nutzen für die Gemeinschaft noch steigern; das ist unser Anspruch. Bisher haben wir es geschafft, das zu tun. In welchem Umfang wir das tun können, hängt von dem ab, was wir erwirtschaften. Dafür müssen wir unsere Kunden gut versorgen und immer mehr Privatpersonen und Unternehmen von der Sparkassenidee überzeugen und als Kunden gewinnen. Wir müssen zudem effizient sein, Kosten sparen, was jeder von uns erwarten darf. Dann können wir auch weiterhin gemeinwohlorientierte Zwecke, zum Beispiel Bildung, Sport, Soziales und Kultur, fördern. Es ist daher eine gute Sache, Sparkassen-Kunde zu sein, denn so unterstützt man automatisch die Gemeinschaft. Das ist ein Zusammenhang, der es verdient, wahrgenommen zu werden.

Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite – sehen Sie Gefahren auf das System Sparkasse zukommen?

Wölfges: Die Eigenkapitalsituation der Banken und Sparkassen hat sich deutlich verbessert. Das ganze Reglement, die aufsichtsrechtlichen Regelungen sind strenger. Was noch nicht gelöst ist, ist die Staatsverschuldung und die hohe Quote notleidender Kredite in Europa. Und es kann immer so sein, dass Menschen ihre Chancen suchen und dabei die Risiken unterschätzen. Dass Lehman sich mit einem solchen Flächenbrand wiederholt, kann ich persönlich mir aktuell nicht vorstellen. Aber auch das ist nur ein Blick in die Glaskugel. Da, wo Menschen mit der Ambition unterwegs sind, losgelöst von der Realwirtschaft, allein aus Geld noch mehr Geld zu machen, kann viel passieren. Unsere Kunden werden wir aber nicht dazu anleiten, in Anlagen mit unübersehbaren Risiken zu investieren und wir werden als Sparkasse Wuppertal schon gar nicht selbst in solche Projekte investieren.