Heike Fink verbachte ein Jahr mit dem Tod
Das Projekt der Elberfelderin ist zu einem Buch geworden, das jetzt erschienen ist.
Elberfeld. Ist der Tod schrecklich? Am Anfang findet Heike Fink: Ja. Am Grab eines Freundes überfällt die Elberfelder Autorin das Entsetzen darüber, dass das Leben endlich ist. Deshalb beschließt sie, sich ein Jahr lang mit dem Thema auseinanderzusetzen. Jeden Monat trifft sie jemanden, der beruflich oder privat mit dem Tod zu tun hat. Ihre Erkenntnisse hat sie in dem Buch „Mein Jahr mit dem Tod“ auf 317 Seiten zusammengefasst. „Ich habe Angst vor dem Tod“, gesteht Fink gleich zu Beginn des Buches. Das ändert sich im Laufe der Auseinandersetzung damit. Schon am Schreibstil wird das deutlich: Zu Beginn bestimmen sehr viel persönliche Gefühle die Geschichte, die Autorin schildert ausführlich ihre Gedanken und Sorgen. Gegen Ende konzentriert sie sich mehr auf ihre Gesprächspartner.
Das erste Kapitel macht dem Leser den Einstieg nicht leicht: Heike Fink trifft den Wissenschaftler Marc Müller, dessen Herz für mehrere Minuten still stand. Da er dazu jedoch wenig erzählt, füllt die Autorin die Zeilen mit umfangreichen Reflexionen sowie komplizierten Beschreibungen eines Versuchs mit einem Regenbogen.
Faszinierend ist hingegen Finks Reportage über einen Besuch auf dem ägyptischen Friedhof Al-Qarafa, dem größten bewohnten Friedhof der Welt. Die Bewohnerin Faridah lädt Heike Fink in das Mausoleum ein, wo sie mit ihrem Vater lebt. Auf einem Sims stehen drei Goldfische. Von der nächsten Straßenlaterne führt ein Elektrokabel in ihr Domizil, damit sie auf ihrem Zwei-Platten-Herd kochen und ihr Vater seinen elektrischen Rasierapparat betreiben kann. Ihr ganzes Leben hat Faridah auf diesem Friedhof verbracht und nur einmal als Kind einen Ausflug zum Nil gemacht. Wenn ein Beerdigungszug kommt, halten die Bewohner für einen Moment inne. Sogar Cafés und Geschäfte sowie eine Schule gibt es auf dem Friedhof.
Immer wieder trifft die Autorin Menschen, die mit dem Sterben zu tun haben: einen Friedhofsgärtner, dem sie beim Grabsteinrütteln hilft, einen Tatortreiniger, der Experte für den Abtransport menschlicher Überreste ist, aber auch den Tänzer Martin Schläpfer, der an seine Hauswand „Tod“ gepinselt hat. Oder Heike Fink berichtet, wie sie die sterbende Mutter einer Freundin im Hospiz besucht oder den Vater einer Freundin, der alle Details seiner Beerdigung vorherbestimmt hat.
Beeindruckend ist ihr Gespräch mit dem schwer kranken James. Der 14-Jährige hat Wünsche wie seine Altersgenossen auch: eine Freundin, Urlaub, Spaß mit Freunden. Aber er würde gerne auch einmal im Film zwei Rollstuhlfahrer als Protagonisten sehen. Vor allem ist James nicht unglücklich über seine tödliche Krankheit: „Das hat mich geformt. Das macht mich aus.“ So verliert am Ende auch Heike Fink die Angst vor dem Tod.