Herr Pasch, Herr Krüger, viele Unternehmer in der Region blicken gerade gar nicht so rosig in die Zukunft. Welche Relevanz hat da ein Zukunftspreis?
Interview Henner Pasch und Arnd Krüger über den dritten bergischen Zukunftspreis
Interview | Wuppertal · Der Preis soll auch ein Appell an die jüngere Generation sein.
Am 4. September verleihen die Bergische Industrie- und Handelskammer und die Kreishandwerkerschaften Solingen-Wuppertal und Remscheid gemeinsam mit den drei Bergischen Tageszeitungen WZ, Solinger Tageblatt und Remscheider Generalanzeiger den dritten Bergischen Zukunftspreis. Die Westdeutsche Zeitung hat vorab mit IHK-Präsident Henner Pasch und Arnd Krüger, Kreishandwerksmeister für Wuppertal und Solingen, über die Wirtschaft in schwierigen Zeiten gesprochen.
Henner PASCH: Der Zukunftspreis zeigt, dass es sich lohnt, unternehmerisch tätig zu sein. In der Vergangenheit hat es sich gelohnt und es lohnt sich auch in der Zukunft. Unternehmertum bringt tolle Persönlichkeiten hervor und führt zu tollen Unternehmen. Unsere soziale Sicherheit und unser Frieden basierten in der Vergangenheit auf dem Erfolg der Wirtschaft und der Unternehmen. All das wollen wir ehren.
Arnd KRÜGER: Gleichzeitig soll der Preis ein Appell an die jüngere Generation sein, sich unternehmerisch einzubringen. Wir brauchen junge, frische Gedanken und moderne Ansätze für die Herausforderungen der Zukunft. Unternehmer haben immer bewiesen, dass Erfolg über viele Schwierigkeiten hinweg möglich ist. Der Zukunftspreis zeigt Beispiele für Menschen, die Probleme angehen und lösen.
Wir steht es denn um die Bergische Wirtschaft momentan?
Pasch: Schwierig bis trübe an vielen Stellen. Ich besuche mehrfach in der Woche Unternehmen und positive Signale bekomme ich dort selten. Auch unsere Konjunkturberichte verdeutlichen, dass die Stimmung nicht gut ist. Messbar gehen die Auftragseingänge massiv zurück – und das über alle Branchen. Betriebe, die Konsumgüter herstellen, sind besonders betroffen, wie in Solingen die Schneidwarenindustrie. Die Bau- und Werkzeugindustrie leidet, ebenso die Automobilbranche, von der wir es leider schon fast gewöhnt sind, dass sie schwächelt. Wir verzeichnen eine Nulllinie, mit Tendenz nach unten. Diese Stimmung wird auch bald bei den Dienstleistern ankommen.
Krüger: Bei uns ist es noch ein bisschen differenzierter. Die Unternehmen, die am Neubau tätig sind, fallen natürlich gerade in ein Loch und wissen nicht, wie es weitergeht. Zumal es momentan auch keine Bestrebungen der Politik gibt, die Bautätigkeit in irgendeiner Form zu fördern. Zum Glück ist die Anzahl dieser Betriebe im Bergischen kleiner als in anderen Regionen. Die Klimaberufe, wie Dachdecker, Heizung und Sanitär, sind momentan noch gut ausgelastet, müssen aber auch registrieren, dass es weniger Aufträge gibt.
Das Bergische scheint für Jungunternehmer interessant zu sein. Wuppertal steht unter den 50 größten deutschen Städten beim Thema Neugründungen auf Platz 13. Das ist doch eigentlich ein gutes Zeichen.
Pasch: Wenn das so ist, ist das natürlich super. Allerdings ist zu befürchten, dass diese Start-ups viel im Bereich Dienstleistung und Digitalisierung unterwegs sind. Unser gesamtgesellschaftlicher Wohlstand kommt in Deutschland aber aus der Industrie, hier entsteht die größte Wertschöpfung. Geht es der Industrie nicht gut, haben auch viele Dienstleister und digitale Start-ups keine Aufträge mehr. Zusätzlich zu den Start-ups brauchen wir junge Menschen, die den Mut haben, Traditionsunternehmen weiterzuführen. Davon haben wir zu wenige. Aber natürlich ist es für junge Leute attraktiver, eine eigene Idee zu verfolgen und frisch auf der grünen Wiese anzufangen.
Das Thema Nachfolge ist auch im Handwerk ein Problem. Herr Krüger, würden Sie jungen Leuten noch empfehlen, ein Handwerksunternehmen zu gründen oder zu übernehmen?
Krüger: Aber natürlich. Wir verlieren in den nächsten fünf bis sechs Jahren 30 Prozent der Unternehmer und Mitarbeitenden, weil sie in Rente gehen. Das hat Einfluss auf die Leistungsfähigkeit von Betrieben. Das wird auch die Kommunen treffen, die handwerkliche Tätigkeiten täglich abfragen. Und wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, kann das nur mit qualifiziertem Handwerk erreicht werden. Darum werden diese Dienstleistungen immer gefragt sein. Leider stellen wir fest, dass die Neigung, ins Handwerk zu gehen, oft nicht mehr stark ist. Und auch das Unternehmertum ist bei jungen Menschen nicht so verankert, wie wir uns das wünschen.
Was sind denn die dringendsten Probleme, die die Unternehmen momentan belasten?
Pasch: Energieverfügbarkeit, Fachkräfteverfügbarkeit und Bürokratiehemmnisse. Beim Thema Bürokratie wären die Unternehmer schon zufrieden, wenn einfach einmal Stillstand wäre und nicht immer Neues hinzukommen würde.
Krüger: Für das Handwerk sind es der Fachkräfte- und Unternehmermangel und damit die Nachfolgefrage. Und letztlich muss die Belastung der Unternehmen, die Staatsquote, runter, damit mehr im Portemonnaie bleibt. Dazu bräuchte es eine Aufgabenkontrolle. Das bedeutet: In einem städtischen Haushalt, der sich nicht weiter verschulden kann, muss priorisiert werden. Dazu bedarf es einer politischen Stärke und einer langfristigen Planung, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen.
Wer muss in Ihren Augen nun etwas tun, um die Situation zu verbessern?
Pasch: Die Politik. Nehmen wir die Bürokratie. Im europäischen Vergleich werden viele Anforderungen anders ausgelegt. Wir sind Meister darin, auf die angeforderten Regeln noch einen draufzusetzen. Das muss aufhören. Europa muss sich wieder mehr auf die großen Themen konzentrieren und nicht bis in die kleinste Kommune hinunterregulieren.
Krüger: Innerhalb der Kommunen muss darüber nachgedacht werden, welche Aufgaben und Regeln in Zukunft umgesetzt werden können. Wir müssen Dinge verschlanken, wir müssen digitalisieren und uns vor allem ehrlich darüber machen, wie wir gemeinsam die anfallende Arbeit organisieren.