Wupperverband „Heute ist die Wupper nahezu intakt“

Interview Als der Wupperverband vor 90 Jahren gegründet wurde, war der Fluss biologisch tot.

 Georg Wulf, Vorstand des Wupperverbandes.

Georg Wulf, Vorstand des Wupperverbandes.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Der Wupperverband feiert sein 90-jähriges Bestehen. Der Verband wurde 1930 gegründet, als die Wupper ein brauner, stinkender Fluss war. Nahezu 2000 Kilometer der Wupper und seiner Nebengewässer betreut der Verband. Er betreibt 14 Talsperren, elf Kläranlagen sowie Regen- und Hochwasserrückhaltebecken.

Was war die Idee bei der Gründung des Wupperverbandes?

Georg Wulf: Im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts lebten wir in einer stark aufstrebenden Region, aber was richtig gelitten hat, war die Wasserwirtschaft. Die Wupper war durch die Verschmutzungen im Prinzip biologisch tot. Dadurch, dass die Bebauung immer näher an den Fluss gerückt ist, hatten Hochwässer katastrophale Auswirkungen und mit der wachsenden Bevölkerung nahm auch der Bedarf an Brauch- und Trinkwasser zu. Diese großen wasserwirtschaftlichen Herausforderungen waren letztlich der Grund, sich zu überlegen, wie man das löst.

Welche Aufgaben hat der Wupperverband?

Wulf: Im Grunde kümmern wir uns um alles, was mit Wasser zu tun hat. Das fängt an mit der Bereitstellung von Rohwasser für die Trinkwasseraufbereitung. Wir betreiben mit der Großen Dhünn-Talsperre die zweitgrößte Trinkwassertalsperre Deutschlands, die ein ganz wichtiges Standbein für die Trinkwasserversorgung in unserer bergischen Region ist. Außerdem kümmern wir uns mit unseren Kläranlagen um die Abwasserreinigung. Was in den letzten Jahren noch mal deutlich an Gewicht gewonnen hat, ist das Thema Gewässerentwicklung.

Wie hat sich die Wupper seit 1930 verändert?

Wulf: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Wupper biologisch tot, nahezu lebewesenfrei. Wir haben mit den Kommunen begonnen, uns um die Abwasserreinigung zu kümmern. Heute können wir sagen, dass die Wupper und ihre Nebenflüsse von der Wasserqualität her nahezu intakte Fließgewässer sind. Wir können im Stadtgebiet Lachse beobachten, die dort laichen. Wir verfügen wieder über eine große Anzahl von Fischarten, so dass ich glaube, dass man von einer Renaissance der Wupper sprechen kann. Dabei spielt Abwasserreinigung eine entscheidende Rolle.

Was sind die Herausforderungen der Zukunft?

Wulf: Die Klimaveränderung sehen wir mit Sorge, aber wir versuchen uns darauf einzustellen. Wir sehen uns an, welche Regeln dem Betrieb der Talsperren heute zugrunde gelegt sind und wie wir die Regeln anpassen müssen. Wobei uns in Bezug auf die Talsperren die Trockenperioden vor größere Herausforderungen stellen als Starkregen. Wir hatten jetzt mehrere Jahre, in denen wir weniger Niederschlag hatten als angenommen. Das hat Auswirkungen auf die Bewirtschaftung, denn es gibt Anlieger an der Wupper, die auf das Wasser und einen regelmäßigen Abfluss in der Wupper angewiesen sind. Wenn wir zu wenig Wasser aus der Talsperre abgeben würden, würde der Fluss unterhalb von Buchenhofen vor allem aus Abläufen der Kläranlagen gespeist. Das ist trotz der Abwasserreinigung nicht förderlich.

Was tut der Wupperverband für die Renaturierung der Wupper?

Wulf: Auch Wasserwirtschaft unterliegt dem Wandel. Jahrzehntelang legte man das Augenmerk darauf, dass das Wasser schnell abgeführt wird. Dazu sind Flüsse auch kanalartig ausgebaut worden. Wir haben festgestellt, dass allein verbesserte Wasserqualität nicht reicht, sondern dass das Gewässer naturnah sein muss, um als Lebensraum für die Tiere und Pflanzen zu funktionieren. In Wuppertal ist das eine besondere Herausforderung: der Fluss ist durch die Schwebebahn und an vielen Stellen der Stadt von Ufermauern begrenzt. Bis 2025 wollen wir mit der Stadt Wuppertal die Wupper an allen Stellen, an denen es möglich ist, in einen naturnahen Zustand bringen.

Wie sieht die Wupper in 90 Jahren aus?

Wulf: Die Wupper ist dann ein völlig intaktes Gewässer. Die Wasserqualität reicht an Trinkwasserqualität heran und von der Schwebebahn aus sieht man viel Grün und eine Flusslandschaft, in der sich die Menschen gerne aufhalten. Ich hoffe, dass dieser Zustand nicht erst in 90 Jahren eintritt. Ich glaube, dass wir die zukünftigen Herausforderungen in unserer Region meistern können, denn wir haben einen großen Vorteil gegenüber anderen Regionen: wir haben einen Wasserschatz. Wenn wir intelligent damit umgehen, dann müssen wir uns um Trockenperioden keine großen Sorgen machen.