Hilferuf: Gegen den schleichenden Tod
Die geplante Änderung der Gemeindeordnung bringt die Stadtwerke in Bedrängnis, sagt der Wuppertaler Oberbürgermeister. Peter Jung fürchtet, dass die Gesetzesänderung Arbeitsplätze kosten könnte.
Wuppertal. Herr Jung, was bedeutet es für die Stadt Wuppertal, wenn die Gemeindeordnung wie geplant geändert wird?
Jung: Das ist für die Stadt ein gravierender Eingriff. Ihre kommunalen Unternehmen, wie zum Beispiel unsere Stadtwerke, werden in ihrer Wettbewerbsfähigkeit radikal beschnitten.
Warum?
Jung: Weil es dann keinen fairen Wettbewerb mehr geben würde, sondern das Prinzip heißen würde: privat vor Staat. Die kommunalen Unternehmen können sich dann nicht länger im Wettbewerb behaupten.
Heißt das, die Unternehmen der Städte werden im Wettbewerb benachteiligt?
Jung: Genau das ist es. Der Wettbewerb ist ausgeschaltet und wird zugunsten von Privaten unterbunden. Das ist es, was wir kritisieren.
Was bedeutet das genau?
Was würde das für die Stadtwerke bedeuten?
Zum Beispiel?
Jung: Die Druckluft-Sparte ist ein Geschäftsfeld, das bei den Stadtwerken in den vergangenen Jahren hinzugekommen ist. Solche Dinge müssen für ein städtisches Unternehmen möglich sein.
Sollte sich der Staat nicht aus vielen Bereichen zurückziehen?
Haben Sie Angst, dass die Gesetzesänderung in Wuppertal Arbeitsplätze kostet?
Jung: Ich habe Angst, dass es Arbeitsplätze kostet und ich habe vor allem Angst, dass die Stadtwerke dem schleichenden Tod preisgegeben werden. Ein Unternehmen, das sich nicht weiter entwickeln darf, wird im Markt nicht erfolgreich sein können.
Der öffentliche Personennahverkehr in der Stadt macht jedes Jahr ein Minus von mehr als 50 Millionen Euro. Sehen Sie keinen Druck, dieses Defizit zu verringern?
Was bedeutet das?
Die Quersubventionierung ist ja durchaus üblich. Weshalb möchte die Landesregierung sie behindern?
Jung: An der Behinderung der Quersubventionierung ist die Landesregierung unschuldig. Da kommt eher von der EU Störfeuer.
Weswegen Sie ja für die Stadtwerke eine Holding gegründet haben.
Jung: Ja.
Anders gefragt, warum behindert die Landesregierung die städtischen Unternehmen, obwohl sie doch weiß, dass die Gewinne dringend für den Nahverkehr gebraucht werden?
Sie sind in einer Zwickmühle. Einerseits droht Ungemach aus Düsseldorf und andererseits müssen Sie sich auf sinkende Gewinne der Stadtwerke einstellen. Wie kommen Sie da raus?
Jung: Wir versuchen, die Ertragseinbußen so gering als möglich zu halten und die Rationalisierungspotenziale im Verkehr auszunutzen. Es wird aber auf Dauer nicht ohne Einschränkungen im Personennahverkehr gehen. Im derzeitigen Umfang ist er wohl nicht finanzierbar.
Wann kommen die ersten Kürzungen?
Jung: In spätestens zwei oder drei Jahren wird es Einschnitte geben.
Werden auch Linien gestrichen?
Jung: Ich hoffe, dass es uns gelingt, das so gering wie möglich halten zu können. Aber es wird sicher auch die eine oder andere Linie wegfallen.
Bei so einem Kürzungs-Programm vor der Brust braucht man eine Landesregierung, die einem Knüppel zwischen die Beine wirft?