In den Herbst- und Wintermonaten häufen sich Magen-Darm-Infektionen erfahrungsgemäß. Wodurch werden sie hervorgerufen, welche Altersgruppen erkranken besonders häufig?
Gesundheit Hochsaison für Infektionen: Eltern in der Verantwortung
EN-Kreis. · INTERVIEW Amtsärztin Sabine Klinke-Rehbein über die Herausforderungen, die Viren und Keime in Einrichtungen mit sich bringen.
Ab Herbst und bis März haben Magen-Darm-Infektionen Hochsaison. Viele Menschen leiden unter heftigen Erbrechen und starken Durchfällen. Zwar verloren die Noroviren unter allen dem Robert-Koch-Institut gemeldeten Erkrankungen im vergangenen Jahr ihren langjährigen Spitzenplatz an die Influenza, dennoch sind mit den hochansteckenden Infektionen insbesondere für Gemeinschaftseinrichtungen im Ennepe-Ruhr-Kreis nach wie vor Herausforderungen verbunden. Welche das sind, erläutert Amtsärztin Dr. Sabine Klinke-Rehbein. Sie blickt zudem auf die Infektionssaison 2018/19 zurück.
Klinke-Rehbein: Eine Hauptrolle spielen die Noroviren. Sie sind für jede dritte nicht bakteriell bedingte Magen-Darm-Infektion bei Kindern und für jede zweite bei Erwachsenen verantwortlich. Betroffen sind insbesondere Kinder unter fünf Jahren und Personen über 70. Dies erklärt auch, warum Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagestätten sowie Alten- und Pflegeeinrichtungen besonders häufig vorkommen.
Welche Zahlen können Sie für den Ennepe-Ruhr-Kreis nennen?
Klinke-Rehbein: Von Laboren bestätigt wurden im vergangenen Jahr 305 Fälle, 2017 waren es 317 gewesen. Bedacht werden muss aber: Längst nicht jede Erkrankung mit Noroviren wird durch Stuhluntersuchungen bestätigt. Kommt es beispielsweise in einer Gemeinschaftseinrichtung zu einem Ausbruch, erfolgt der Nachweis des Virus immer nur durch Proben weniger Einzelfälle. Dies ist auch völlig ausreichend. Mit Blick auf die Einrichtungen wurden zwischen Oktober 2018 und September 2019 insgesamt 151 Ausbrüche verzeichnet. 105 in Kindertagestätten, acht in Schulen, die übrigen in Alten- und Pflegeheimen sowie in Wohnheimen für Menschen mit Behinderungen.
Was unternehmen die Experten der Kreisverwaltung, wenn ihnen Fälle aus einer Einrichtung gemeldet werden?
Klinke-Rehbein: Wir warten gar nicht, bis sich die Einrichtungen bei uns melden. Jeden Sommer und damit weit vor Beginn der Infektionssaison schreiben wir alle Kindertageseinrichtungen und Schulen an und informieren umfassend. Damit stellen wir sicher, dass die Verantwortlichen im Falle des Falles wissen, was zu machen und was zu unterlassen ist, welche Schutzkleidung und Materialien sie vorrätig haben sollten.
Und wenn der Virus dann doch in einer Einrichtung grassiert?
Klinke-Rehbein: In diesen Fällen gilt es, die von einzelnen Erkrankten ausgelöste Infektionskette schnellstmöglich zu unterbrechen. Hier arbeiten wir eng mit den Einrichtungen zusammen und erteilen Arbeitsaufträge. Im Fokus stehen natürlich die Toiletten. Wichtig sind aber auch der „richtige“ Umgang mit Erbrochenem und ein sachgerechtes Desinfizieren von Böden, Türklinken und Tischen. Werden hier Fehler gemacht, kann es sehr leicht zu Übertragungen und damit zu weiteren Krankheitsfällen kommen.
Welche Rolle kommt den Eltern zu?
Klinke-Rehbein: Eine ganz entscheidende. Wer seine Kinder nach einer Magen-Darm-Infektion wieder zu früh in die Einrichtung schickt, löst nicht selten eine neue Welle aus. Im Klartext: Erst 48 Stunden nach dem Abklingen der letzten Symptome sollten die Betroffenen sich wieder auf den Weg machen. Noch deutlicher: Wer abends gebrochen hat, hat morgens nichts in Kindertagesstätte oder Schule verloren.
Die letzte Wahl ist es, Einrichtungen vorübergehend zu schließen.
Klinke-Rehbein: Richtig. Die Entscheidung, dies zu machen, hängt dabei nicht allein von der Zahl der Erkrankten ab. Ausschlaggebend sind verschiedene Aspekte. Dazu zählen Beginn und zeitlicher Verlauf der Krankheitsfälle, örtliche Gegebenheiten wie Sanitäreinrichtungen oder die Frage, ob nur eine Gruppe oder Klasse oder Kinder der gesamten Einrichtung betroffen sind. Red