Stadtentwicklung Hochschulteam steigt Café Ada aufs Dach
Teilnehmer des Solar Decathlon informieren sich im Mirker Quartier – Mischnutzung für aufgestocktes Café Ada.
Bevor sich das Projektteam der Hochschule Biberach das „Café Ada“ von innen ansieht, nehmen die Besucher aus Baden-Württemberg erst einmal das Umfeld ins Visier. Sie steigen auf das Sheddach (im Volksmund: Sägezahndach) des Gebäudes. Das ist für ihre Arbeit nicht ganz unwichtig, erstellen sie doch Pläne für eine Aufstockung des Cafés. Aus diesen Plänen entsteht dann ein Prototyp, der im Juni 2022 im Rahmen des „Solar Decathlon Europe“ auf dem Utopiastadt-Campus an der Nordbahntrasse gebaut und präsentiert werden soll.
Das Team der Hochschule Biberach ist eines von 18 aus elf Ländern, das vom 10. bis 26. Juni 2022 in Wuppertal an dem „Solar Decathlon Europe“ teilnehmen wird. Der studentische Wettbewerb soll Beispiele eines modernen, nachhaltigen und sozial engagierten Bauens im urbanen Umfeld vorführen. In zehn Kategorien werden die Prototypen – die sogenannten Demonstratoren – bemessen und prämiert: Deshalb heißt der internationale Wettstreit auch „Decathlon“ – also Zehnkampf.
Es geht auch um Aspekte der Urbanisierung und Vernetzung
Für die teilnehmenden Studenten ist der „Solar Decathlon“ so etwas wie Olympia oder eine Expo im Kleinen. Der Wettbewerb sei reizvoll, weil er das Thema „Bauen im urbanen Kontext“ in den Mittelpunkt rücke, sagt Professor Andreas Gerber von der Hochschule Biberach. Das ist auch in Wuppertal so: Mit der Wahl des Mirker Quartiers werden neben Baufragen auch Aspekte der Urbanisierung und sozialen Vernetzung aufgegriffen. Die beteiligten Teams bestehen deshalb nicht nur aus Architekten oder Bauingenieuren, sondern auch aus Wissenschaftlern aus Fachgebieten wie Sozialwissenschaften, Psychologie oder Stadtentwicklung.
Gerber ist Professor für Energieingenieurwesen und hat die Bewerbung für den anstehenden „Solar Decathlon Europe“ mit der Projektleiterin und Bauingenieurin Lena Frühschütz eingereicht.
Für den Wettbewerb konnten die Teams zwischen drei Szenarien wählen: das Schließen einer Baulücke, die Sanierung eines bestehenden Gebäudes oder die Aufstockung eines Objekts, erklärt die angehende Architektin Sarah Fischer. Das Team habe sich für die letzte Option entschieden, weil sie dort „das größte Potenzial“ sah – sowohl für das Gebäude wie auch das Quartier als Ganzes, sagt Frühschütz.
Mischnutzung aus
Kultur und Wohnen
Das Team aus Baden-Württemberg plant eine Aufstockung des derzeit zweigeschossigen „Café Ada“ um vier weitere Geschosse, die als Holzmassivkonstruktion entstehen sollen. In den Etagen sollen Wohnungen geschaffen werden, das Gebäude somit für eine Mischnutzung aus Kultur und Wohnen erschlossen werden.
Organisiert wird der „Solar Decathlon Europe“ – der erste Wettbewerb dieser Art in Deutschland - von der Fakultät Architektur- und Bauingenieurwesen der Bergischen Uni – mit Unterstützung unter anderem durch die Bundesregierung und weiterer Partner. Projektleiter Daniel Lorberg von der Uni Wuppertal verweist darauf, dass es bei dem Wettbewerb darum gehe, Beispiele nachhaltigen Bauens zu präsentieren. Die Pläne für das „Café Ada“ könnten ein Prototyp dafür sein, „wie Aufstockung im urbanen Raum aussehen könnte“. Die Demonstratoren sollten dabei durchaus als Anregung für reale Bauvorhaben und ein Schritt zum Ausbau des CO2-neutralen Gebäudebestands verstanden wissen.
Was aber kein Statiker berechnen und kein Architekt am Reißbrett vorzeichnen konnte, war die Corona-Pandemie. Sie hat dafür gesorgt, dass der eigentlich für den September 2021 geplante Wettbewerb um ein Dreivierteljahr auf den Juni 2022 verschoben wurde. Das sei nötig, weil die Teams wegen der Corona-Einschränkungen in den Hochschulen in der Planung zurückgeworfen wurden, sagt Lorberg. „Ein gerechter Wettbewerb wäre nicht möglich gewesen.“ Deshalb habe man sich frühzeitig für eine Verschiebung entschieden.
Zudem konnte ein eigentlich für April geplanter Workshop aller Teams in Wuppertal lediglich als virtuelles Treffen stattfinden. Überdies mussten Aktionen mit Anwohnern im Stadtteil gecancelt werden.
Ein analoger Workshop aller Teams ist nun für den September 2021 geplant. Und trotz der aktuellen Corona-Krise hofft Lorberg auf einen regen Besucherandrang im Sommer 2022: Bis zu 120 000 Menschen werden in den gut zwei Wochen auf dem rund 30 000 Quadratmeter großen Wettbewerbsgelände am Mirker Bahnhof erwartet.