Holger Fach: „Ich sorge mich um Wuppertal“
Als Fußballprofi hat der 53-Jährige die Welt gesehen und ist doch immer in seiner Geburtsstadt geblieben. Dennoch steht er ihr nicht ohne Kritik gegenüber.
Wuppertal. Unter Wuppertals Sportlern ist er sicher einer der erfolgreichsten. DFB-Pokalsieger mit Borussia Mönchengladbach, Bronze-Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul, fünf A-Länderspiele, 416 Bundesliga-Spiele, 67 Tore — das sind Rahmendaten eines Stars. Holger Fach war einer.
Mittlerweile ist es ruhiger geworden um den heute 53 Jahre alten Ex-Profi. Das bisher letzte Traineramt führte Fach für knapp zwei Jahre ins kasachische Astana. Seinen wichtigsten Wettkampf hatte der erklärte Nichtraucher und Antialkoholiker allerdings erst danach zu bestehen. Lungenkrebs. Operationen, Chemotherapie. Seit dreieinhalb Jahren ist er nun ohne Befund. „Man sagt, nach fünf Jahren ist es vorbei. Aber die Rückfallquote sinkt mit jedem Jahr.“ Fach hat noch einmal Glück gehabt, das weiß er. Die Krankheit hat ihn gelassener gemacht.
Gelassen ist er allerdings nicht. Dafür regen ihn viel zu viele Dinge immer noch auf, auch und gerade im Fußball, dem er selbst viel zu verdanken hat. Das Spiel ist ihm zu sehr Geschäft geworden. Es gehe nur noch um Geld, sagt er, räumt gleichzeitig ein, dass er selbst auch ganz gut verdient hat. „Aber das war überhaupt kein Vergleich mit heute.“ Er wolle aber auch nicht sagen, dass früher alles besser war.
Dem Wuppertaler ist der Fußball zu oberflächlich geworden. Spieler würden überhöht und in Watte gepackt, auch wenn sie noch so schwere Fehler machten. Paradebeispiel ist für Fach Marco Reus von Borussia Dortmund, der jahrelang ohne Führerschein Auto fuhr. Dafür hat der gelernte Industriekaufmann keinerlei Verständnis. Das gehe nicht. Alle Erklärungsversuche hält er für untauglich.
Im Fußball und in der Gesellschaft liegt laut Fach einiges im Argen
Fach hat sehr klare Vorstellungen von Fußball, von der Gesellschaft. Da wie dort liegt seiner Meinung nach einiges im Argen. Aus diesem Grund zieht es ihn derzeit auch nicht zurück auf den Trainingsplatz „zu den kleinen, tätowierten Rackern“, wie er sagt. Dann und wann ist er in den Stadien unterwegs, beobachtet Spieler für Freunde und ehemalige Trainerkollegen, die irgendwo unter Vertrag stehen. Nein, Scout sei er nicht, auch kein Spielerberater.
Holger Fach ist Privatier, und er ist sehr froh, dass er sich das leisten kann. Das hilft ihm, sich so weit es geht, von seiner Krankheit zu erholen, und es kommt ihm entgegen, weil er seiner Leidenschaft frönen kann. Fach spielt Golf. Handicap 7 ist schon ein sehr guter Wert für einen Amateur. „Ich trainiere aber nicht.“ Golf ist für Fach Gelegenheit, sich mit Freunden zu treffen. Als Sport empfindet er das nicht. „Das ist Spazierengehen mit Schläger und Ball.“
Der Ex-Kicker ist ein kritischer Geist. Das war er schon zu seiner aktiven Zeit, ein Mann mit Haltung und Rückgrat. Das gefiel nicht jedem, war aber auch einer der Gründe dafür, dass er in sämtlichen Mannschaften der Kapitän war. Seine Mitspieler fühlten sich vom Wuppertaler gut vertreten. Holger Fach scheut keinen Disput. Wer in fragt, bekommt Antworten. „Ich weiß, das ist nicht immer bequem.“
Nein, das ist es nicht, auch dann nicht, wenn Fach mit seiner Heimatstadt ins Gericht geht. „Damit ich nicht missverstanden werde: Ich mag Wuppertal“, schickt er vorweg. Dann aber lässt er sich aus über 30 Jahre mutlose, ziellose, kraftlose Politik, dann drückt er seine Sorge aus über Viertel wie die Gathe, die Schwarzbach, die Nordstadt, wo die Spielhallen wie Pilze aus dem Boden geschossen sind und der Alltag ihn nicht mehr immer an Wuppertal erinnert. „Das muss man doch sehen“, sagt Fach dann und fordert von Politikern, „endlich richtig hinzuschauen“.
Dabei sieht er auch, dass Wuppertal vorangekommen ist. Die Trasse sei toll, die Junior Uni auch. „Aber unsere Stadt ist schmutzig, auf der Straße fehlt es an Respekt im Umgang miteinander.“
Holger Fach ist ein Mann der klaren Worte. Regeln gibt es, damit sie eingehalten werden, wenn sie nicht eingehalten werden, funktioniert die Gesellschaft ebenso wenig wie Fußball. Wer aber gern spielt, den regt es auf, wenn die Mitspieler das Regelwerk missachten. Fach wäre womöglich einer, der kraft seiner Prominenz Dinge zumindest im Kleinen verändern könnte. „Daran glaube ich aber nicht“, sagt er.
Ob er noch einmal in den Fußball zurückkehren wird, weiß Fach nicht. Ihm ist derzeit wichtiger, sich um seine 80 Jahre alte Mutter zu kümmern. „Einkaufen gehen, zum Arzt fahren. Was so anfällt.“ Und verheiratet ist er auch. Außerdem klingelt das Telefon häufig, Freunde rufen an, Ex-Kollegen, die wissen wollen, ob er sich mal wieder einen Spieler anschauen kann.