In den Kitas fehlt Personal
Weil Springerstellen nicht besetzt sind, wird die Betreuung bei Ausfällen schwierig — dann müssen Kinder auch zu Hause bleiben.
In Familien mit Kindern ist ohnehin viel Organisationstalent gefragt — besonders dann, wenn die sonst eingeplante Betreuung ausfällt. Auch in Wuppertaler Kitas kommt es vor, dass Eltern gebeten werden, ihre Kinder selbst zu betreuen. Der Grund Personalmangel.
„Es ist sehr eng“, bestätigt Cornelia Weidenbruch, als Leiterin des Stadtbetriebs Kindertageseinrichtungen Chefin der städtischen Kitas. Ihr fehlen vor allem Erzieherinnen und Erzieher, die einspringen können, wenn Kollegen ausfallen: „Leider konnten wir unseren Vertretungspool nicht so aufbauen, wie wir wollen.“ Aktuell sind bei der Stadt 30 Erzieherstellen unbesetzt — bei rund 600 Stellen insgesamt (auf denen etwa 700 Personen arbeiten).
Fehlende Springer machen sich bemerkbar, wenn im Winter viele krank sind, derzeit seien auch viele Kolleginnen schwanger, berichtet Cornelia Weidenbruch. Da wirke sich aus, dass die Stadt in den letzten fünf bis zehn Jahren viele jungen Frauen eingestellt hat und diese jetzt Familien gründeten. Wegen möglicher Ansteckungsrisiken hören in den meisten Fällen Erzieherinnen bei Feststellung der Schwangerschaft auf zu arbeiten.
Fehlt in einer Einrichtung Personal, können Gruppen zusammengelegt werden oder man bittet Eltern, ihre Kinder nicht zu bringen. „Darüber entscheidet die Leitung“, erklärt Cornelia Weidenbruch. Dabei sei klar, dass das für die Eltern eine schwierige Situation ist.
Um die offenen Stellen zu besetzen, führt die Stadt „laufend Einstellungsgespräche“, versicherte Cornelia Weidenbruch. Aber es fehlten auch Bewerber. „Ich prognostiziere: Das wird sich noch verschärfen, weil nicht genügend ausgebildet wird.“
Auch in Diakonie-Kitas — insgesamt gibt es 31 in Wuppertal — spürt man den Bewerbermangel. „Wir haben immer wieder Mühe, unsere Stellen zu besetzen“, sagt Diakonie-Geschäftsführer Ulrich Liebner. Immerhin haben sie es geschafft, dass derzeit nur 1,5 der insgesamt rund 250 Stellen nicht besetzt sind. Aber das sei nicht leicht, auch weil die Auswahl unter den Bewerbern nicht groß sei.
Einen Vertretungspool gebe es nicht, nur zwei Springerkräfte. Daher müssten auch Diakonie-Kitas bei Engpässen mit Notlösungen arbeiten, indem zum Beispiel die Kitaleiterin im Gruppendienst mitarbeitet, Gruppen zusammengelegt oder Eltern gebeten werden, ihre Kinder zu Hause zu behalten. „Oft organisieren die Eltern das untereinander“, weiß Ulrich Liebner. Trotzdem versuchten sie „auf Biegen und Brechen, das zu vermeiden.“
Lutz Middelberg, Geschäftsführer des Verbands Der Paritätische, in dem auch über 40 Kitas von Elterninitiativen in Wuppertal organisiert sind, hört häufig von Schwierigkeiten. „Durch den Ausbau der Betreuung wird immer mehr Personal gebraucht“, weiß er. „Der Königsweg wäre, mehr auszubilden.“
Er spricht sich dafür aus, die „praxisorientierte Ausbildung“, genant „Pia“ flächendeckend auszubauen. Bisher gibt es in Wuppertal an zwei der drei Kollegs. Lange absolvierten angehende Erzieherinnen eine schulische Ausbildung, die zum Teil kostete, bevor sie in einem praktischen Jahr erstmals Geld verdienten. Bei der Pia-Ausbildung laufen Praxis und Theorie parallel und es gibt von Anfang an Geld. Aber den Trägern fehlen Mittel für die Bezahlung der Azubis. Darüber klagt auch Ulrich Liebner von der Diakonie. Er setzt darauf, dass die neue Landesregierung dafür bessere Regelungen trifft, wenn sie das Kita-Gesetz reformiert.
Die Gewerkschaft Verdi weist schon lange auf den steigenden Erzieher-Bedarf hin — und auf die Belastung der arbeitenden Kolleginnen durch den Personalmangel. „Wir müssen den Beruf langfristig attraktiver machen“, sagt Lisa Wiese von Verdi. Das Pia-Modell sei ein guter Ansatz.