Radfahren Radfahren in Wuppertal: „Wir wollen keinen Flickenteppich“

Wuppertal · Verkehrsplaner Ralf Kaulen über ein Konzept für das Radfahren im Tal.

Die B7 ist ein Rückgrat für das Radverkehrskonzept.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wuppertal will Fahrradstadt werden - und ein ganz wichtiger Baustein dafür ist das Radverkehrskonzept. Das erste stammt noch aus dem Jahr 2003 und wird aktuell fortgeschrieben. Wir sprachen mit Ralf Kaulen vom Stadt- und Verkehrsplanungsbüro Kaulen in Aachen, das 2003 bereits für die Stadt tätig war und nun an der Fortschreibung des Konzeptes arbeitet.

Ihr Büro hat schon Radverkehrskonzepte für viele andere Städte und Regionen entwickelt. Was macht Wuppertal besonders oder vielleicht auch schwieriger als andere Städte?

Ralf Kaulen: Eigentlich nur die Topographie und die schmale Tallage. Wobei das 2003 noch deutlich mehr zum Tragen kam. In den letzten zehn Jahren hat sich die Fahrradtechnologie mit Pedelecs und E-Bikes rasant weiterentwickelt, so dass nun auch damit in Wuppertal das Fahrrad weitaus größere Einsatzbereiche erhält. Die natürlichen Gegebenheiten stellen aber immer noch eine Herausforderung auch für Planer dar.

Inwiefern?

Kaulen: Nehmen wir als Beispiel den „platten“ Niederrhein. Dort erreichen „Bio-Biker“, wie ein Fachmagazin die Fahrer von Rädern ohne Elektro-Unterstützung genannt hat, nie solche Geschwindigkeiten auf den Radwegen, wie etwa in Wuppertal bergab. Hier funktionieren dann keine Radverkehrsanlagen mit Mindestmaßen.

Jetzt gibt ein Radverkehrskonzept immer nur einen Rahmen vor. Kritiker werfen der Stadt vor, dass die Umsetzung mit dem Etat, der zur Verfügung steht, gar nicht möglich sei. Zuletzt war es von 20 000 auf 100 000 Euro erhöht worden. Ein Tropfen auf den heißen Stein, sagen viele. Einen eigenen Topf „Radverkehr“ gibt es im städtischen Haushalt aber immer noch nicht.

Kaulen: Die Empfehlung des Bundes sieht für Städte wie Wuppertal zwischen acht und 18 Euro pro Einwohner pro Jahr für Radverkehr vor. Wuppertal hat gut 360 000 Einwohner.

Da liegt Wuppertal somit weit drunter.

Kaulen: Das stimmt. Aber man darf nicht nur auf das Geld sehen. Wir sprechen auch von Lebensqualität. Wuppertal ist eine Stadt, die u.a. unter Feinstaubbelastung leidet. Zur Reduzierung der gesamtstädtischen Umweltbelastungen und Verbesserung der Lebensqualität in der Stadt kommt der Förderung des Fahrradverkehrs und Öffentlichen Verkehrs eine zentrale Bedeutung zu. Und wenn man das will, braucht man auch einen Etat.

Wuppertal hat in punkto Radverkehr in den vergangenen Jahren vor allem durch die Nordbahntrasse gepunktet, auch überregional für Aufsehen gesorgt. Welche Rolle spielt sie im Konzept?

Kaulen: Eine wichtige natürlich. Die Nordbahntrasse hat einfach eine äußerst hohe Qualität. Allerdings ist für uns auch die Talachse ein Rückgrat des Konzeptes. Es geht beim Radverkehrskonzept ja noch nicht um Detailplanungen. Aber ein Ziel ist es, die wichtigsten Achsen wie Nordbahntrasse und Talachse auszubauen und zu vernetzen und so hochwertige durchgängig befahrbare fahrradfreundliche Achsen zu realisieren. Wir wollen keinen Flickenteppich, sondern dass Radfahrer über längere Strecken gut fahren können, nicht nur auf der Nordbahntrasse.

Immer wieder sorgt in diesem Zusammenhang die Freigabe von Busspuren für Diskussionen. Ist das auch Thema beim Radverkehrskonzept?

Kaulen: Nein, nicht direkt. Das ist eher eine Detailfrage. Da ist dann die Stadt gefragt. Aus unserer Sicht kann auf verschiedenen Straßen eine Flächenmitnutzung durchaus Sinn machen. Damit das aber funktioniert, muss man prüfen, etwa ob die Busspuren breit genug sind. Auf schmalen Busspuren muss zum Beispiel der Bus hinter dem Radler herfahren, weil er nicht mit genügend Abstand überholen kann.

Gibt es dafür auch andere Lösungen?

Kaulen: Ja, zum Beispiel in dem die Stadt eine Busspur zum Radfahrstreifen erklärt, mit dem Zusatzschild „Bus frei“. Dann dürfte der Bus beim Überholen eines Radfahrers auch die „normale“ Fahrbahn mitbenutzen. Aber wie gesagt, das sind Detailfragen.

Was sagen Sie zum Thema Döppersberg? Die Radfahrlobby sieht insbesondere die Radwegeanbindung sehr kritisch.

Kaulen: Aus meiner Sicht hilft es jetzt nicht, da nachzukarten. Der Bahnhof ist nun mal damals so geplant worden. Jetzt kann man nur versuchen, mit Augenmaß nachzubessern.

Wie geht es jetzt weiter mit dem Radverkehrskonzept?

Kaulen: Mitte Juli gab es die politischen Vorberatungen, die Bezirksvertretungen konnten zum Beispiel noch ihre Ideen einbringen. Nach der Sommerpause soll es in den politischen Gremien vorgestellt werden. Wir sind jetzt praktisch in der Schlussphase.