Jecke Improvisation an der Orgel
In der Reihe Orgel-Akzent war am Sonntag Otto Maria Krämer zu Gast in der Stadthalle.
Ja, das Internet ist nicht allwis-send. Es gibt nämlich Namen, an denen sich selbst die besten Suchmaschinen die Zähne aus-beißen. Gerade wenn es um Komponisten und deren Werke geht, haben die noch viel zu lernen. Am besten, sie überprüfen die Lehrinhalte der Musikhochschulen. Oder noch besser: Sie ziehen den Organisten Otto Maria Krämer zurate. Der kennt sich richtig gut aus.
Diesen Eindruck erweckte er zumindest am Tulpensonntag, als er sich die Orgel der Stadthalle einmal so richtig zur Brust nahm. Ettwar Kriech - noch nie gehört? Er war es doch der die „Frühabendliche Magenvestimmung gegen 18.39 Uhr“ schrieb. Gut, Äbtissin Maria Vogler-Krämer aus Neukirchen-Vlynn in NRW schrieb zwar nur ein Stück. Das aber hat es in sich. Ihre „Marode Kahnfahrt“ schildert nämlich eine „Scene auf der Wuppa zwischen Barmen und Arrenberg bei einsetzendem Gewitter und demzufolge totaler Durchnässung der betrunkenen Mönche...“.
Auch entstanden hübsche Variationen in Deses-Dur für die Clarinetten- und Bombardenuhr. Einen Richard Kleyderschreque (1964 oder 1968 geboren) gibt es auch. Er ist zu bedauern. Denn jemand mit fast identischem Namen, der Wert auf einen perfekten blonden Haar-Look legt, klaute ihm seine „Ballade dans la Cuisine pour Adeline avec machine“. So wurde er und nicht der eigentliche Urheber berühmt.
Wer Krämers Nachhilfeunterricht keinen Glauben schenkte, wurde eines Besseren belehrt. Denn er ist auch Sammler von Reliquien als Beweis für seine Ausführungen. Eine Originalperücke von Ingressus Lupi O. Mariadeus Motzhard (1464-1518) schmückte zwischendurch seinen Kopf. Auch einen Schlips von O.M.K. Bach, der viel zu früh 1775 mit 11 Jahren starb, band er um. Seine in allen Belangen erstklassige Choralpartita über „Heile, heile Gänschen“ hinterließ er der Nachwelt, die sich im verantwortungsvollen Besitz von Herrn Krämer befindet. Ist doch klar, dass auch Eautöt M. Marchant, Padre Ottone da Straelense, Ol’ Henry Kremancini (gerade erst gestorben) und O. Mary Merchant (Jahrgang 1964) seriöse Tonschöpfer waren und sind.
Fachkundig brachte der Rheinländer, der laut Lebenslauf zur Zeit des 2. Vatikanischen Konzils in eine Familie einfacher Bauern geboren wurde, mit verständlichen Worten Leben und Werk dieser Personen nahe. Warum manchmal zwischendurch gelacht wurde, ist qua seiner fundierten Referate völlig unverständlich. Und natürlich setzte er sich auch an die Königin der Instrumente. Nicht nur das, was über seine Lippen kam, gerade seine musikalischen Vorträge sprachen für sich. Als sich die Titelmelodie aus dem legendären Film „Der dritte Mann“ und „Mer losse d’r Dom en Kölle“ herrlich improvisatorisch die Hand gaben, kam Freude auf.
Auch ansonsten hatte er alles drauf, was das Herz begehrt: Barock, Klassik, Romantik, Moderne und Kirchenlieder wie laut Krämer „Schnaps, das war sein letztes Wort“ schickte der begnadete Improvisationskünstler so atemberaubend aus den Pfeifen, dass es einem die Sprache verschlug. Sämtliche klanglichen Möglichkeiten inklusive Fernwerk reizte er dabei voll aus.
Liebe Narren, der diesjährige Wuppertaler Rosensonntagszug soll ja gerade wegen des Schmuddelwetters nicht das Gelbe vom Ei gewesen sein. Im Großen Saal der Stadthalle war es dagegen schön trocken und schnuckelig warm. Die Büttenreden und die dazu passende Musik dort boten alles, was zu Helau und Kölle Alaaf dazu gehört. Die rheinische Frohnatur, hauptberuflich tätig als Kirchenmusiker in Straelen an der Hauptkirche St. Peter und Paul sowie Dozent an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, wusste es zur Freude aller bestens zu richten. Wuppdika!